Billig geht immer – die neuen Weinportale

| 25.596 mal gelesen |

Die aktuellen Stolpersteine in der Weinvermarktung haben viele Namen: 52 Weine, Wir Winzer, wine in black, Wein der Woche. Es scheint, als kämen im Wochenrythmus neue Portale auf den Markt und damit neue Fallen für den wackeren, aber internet-unbedarften Winzer.

cheap nfl jerseys

cheap nfl jerseys - billig geht immer foto:www.cheapjerseylink. com/flickr/CC BY-SA 2.0

Diese Portale haben alle eins gemeinsam: sie verkaufen mehr oder minder bekannte Weine zu extrem günstigen Preisen. Die liegen oft 30% und mehr Prozent unter dem Weinguts- oder dem Fachhandels-Preis.

In Richtung Verbraucher funktionieren sie im wesentlichen nach zwei Prinzipien: entweder als ein Super-Angebot in zeitlich oder mengenmäßig limitierter Auflage oder als ein exklusiver Zugang zu extrem günstigen Preisen. Beides läuft auf die Verknappung eines Angebotes hinaus. Warum das funktioniert, schreibt die Marketing-Zeitschrift Absatzwirtschaft:  „Die aus der Limitierung des Angebots resultierenden Verhaltensphänomene lassen sich psychologisch erklären. Die Verknappung wirkt dabei auf zwei Ebenen – zum einen werden mit schwer erhältlichen Produkten höhere Qualitätsstandards impliziert. Zum anderen bedeutet die eingeschränkte Verfügbarkeit den Verlust von Wahlfreiheiten, welche der Konsument wieder herstellen möchte.“

Exklusivität und Verknappung

Exklusivität und Verknappung gehören zu den gängigen Marketinginstrumenten – sorgsam dosiert produzieren sie Spitzen-Resultate, inflationär eingesetzt genau das Gegenteil – die Verbraucher werden misstrauisch. Einstweilen scheinen sie aber noch ganz positiv gestimmt zu sein, wie in der Diskussion um einen Artikel zu „wine in black“ bei Dirk Würtz hervorgeht.

So weit, so gut. Kommen wir jetzt mal zu den Stolpersteinen. „Wie machen die das – da ist ja überhaupt nichts verdient?! Von Einkaufspreis plus Mehrwertsteuer kann doch niemand leben?“ fragte ungläubig ein Weinproduzent dieser Tage, als ich ihn auf seinen Wein bei einem Internet-Anbieter ansprach. Richtig – denn am Wein wird auch nicht verdient. Auch den Marketing-Spruch von der  „vergünstigten Eintrittskarte in die Welt der großen Weine“ kann man sich schenken, der im Würtz Artikel zitiert wurde.

Es geht in den meisten Fällen um etwas ganz anderes: die Mehrheit von „52 Weine“ wurde diese Tage von Burda Direkt Services  zu einem nicht gennanten Preis erworben. Profitiert haben davon nicht die Winzer, sondern die Betreiber, die „52 Weine“ erst 2010 am Markt platzierten. Gründen, wachsen, verkaufen – so funktionierte das schon einmal vor gut 10 Jahren vor dem Platzen der ersten großen Internet-Blase.

Groupon Fieber grassiert

Das Groupon Fieber hat jetzt auch die Weinbranche erfasst, beziehungsweise E-Commerce Leute versuchen Groupon-Modelle oder deren Derivate auf den Wein zu übertragen. Die Mutter aller „Rabatt-Webseiten“ (Wirtschaftswoche) soll kurz vor ihrem Börsengang stehen, schreibt Jochen Krisch auf exciting commerce. Der Wert des Unternehmens wird auf 10 bis 11 Mrd USD geschätzt, obwohl sich Analysten fragen, wie sich ein solches Portal nachhaltig betreiben läßt. Knackpunkt bei Groupon: von 142 Millionen “Registrierten Benutzern” sollen nur 16 Millionen laut TechCrunch mehrfach über Groupon eingekauft haben – die Ausgaben für Marketing und Kundengewinnung sind immens – entsprechend groß waren anfangs die Verluste.

Ähnlich könnte es sich mit vielen der „neuen“ Weinportale (Michael Liebert hat einige von ihnen getestet) verhalten: für eine kurze Zeit sind sie in aller Munde – geht der Werbedruck zurück, erlahmt das Interesse schlagartig. Dafür haben sich beim Konsumenten neue Preismarken festgesetzt – so wurde kürzlich auf einem Portal der Champagner-Lieferant eines national tätigen großen deutschen Fachhändlers als „ein tolles Beispiel für einen Champagner unter 20 Euro von einem kleinen Familienweingut – aufgespürt von unseren Experten…“ angeboten. Im Handel liegt der Preis des Getränks bei knapp unter 30 Euro. Mit der Positionierung als Billig-Champagner dürfte wohl weder der Händler noch der Produzent einverstanden sein.

Handelspartner genau anschauen

Im Weinmarketing galt einmal der Grundsatz, für verschiedene Absatzkanäle unterschiedliche Produkte bereitzuhalten: die LEH-Linie für den Lebensmittelhandel, die FH-Linie für den Fachhandel oder die Gastro-Linie für die Gastronomie. Klar ist: die Portale sind nicht an einem Portal-Wein interessiert. Hier geht es um vorverkaufte Produkte möglichst in Verbindung mit einem bekannten Namen oder dem Trauben-Adler.

Teures – preiswert, das geht immer. Und letztendlich geht es immer auch auf Kosten der Hersteller: bei einer Überdosis von „Billig“  droht die Gefahr, daß Marketing-Investitionen vernichtet werden. Für Produzenten dürfte es ratsam sein, sich seine Handelspartner genau anzuschauen, bevor man Spot-Geschäfte macht, die in der Lage sind, langjährige Marketing-Arbeit und sorgfältig aufgebaute Kunden-Beziehungen in kürzester Frist zu ruinieren.

11 Kommentare

  1. Ich bhabe mir mal die Muttergesellschaft von Wine in black angesehen: Vicampo.de. Die werben auf ihrer Website mit jeder Menge grosser Namen aus Deutschland und Österreich, haben aber nicht eine Flasche von denen im Angebot: Kracher, F.X. Pichler, Huber, Egon Müller, Diel, J.-J., Prüm. Von anderen haben sie nur die Zweit- bzw. Drittweine im Shop.

  2. Eine Seite wie 52 Weine, die zunächst einmal zum Registrieren auffordert, bevor der Besucher überhaupt eine Information bekommt, erscheint mir wenig nutzerfreundlich.
    Wer als Besucher zunächst einmal seine Daten preisgeben soll, darunter Name und Geburtsdatum, sollte gut darüber nachdenken, ob er das wirklich möchte.

  3. Lieber Herr Scheuermann,

    ich bin ein Geschäftsführer von der Vicampo GmbH und zuständig für das Wein- und Winzerportfolio auf vicampo.de und würde hier gerne ein paar Punkte von Ihnen kommentieren und klarstellen.

    1. „Die werben auf ihrer Website mit jeder Menge grosser Namen aus Deutschland und Österreich, haben aber nicht eine Flasche von denen im Angebot: Kracher, F.X. Pichler, Huber, Egon Müller, Diel, J.-J., Prüm.“

    Wie kommen Sie denn darauf? Wenn Sie auf unserer Startseite sind, können Sie mit einem Klick auf „Weingüter“ in der Hauptnavigation sehen, welche Weingüter alle dabei sind und ihre Weine über uns verkaufen. Zusätzlich ganz unten im Footer unter der Überschrift „Kaufen Sie Wein online bei Vicampo von diesen Weingütern“ sehen Sie, bei welchen Weingütern Sie kaufen können. Mit diesen Weingütern werben wir selbstverständlich auch und da sind auch jede Menge „große“ Namen dabei, auf die wir sehr stolz sind.

    Wir haben zusätzlich als Informationsquelle noch ein Weingutsverzeichnis, aber das ist nur eine rein informative Auflistung, die wir nirgends „bewerben“.

    2. „Von anderen haben sie nur die Zweit- bzw. Drittweine im Shop.“

    Das kann ich nicht nachvollziehen. Im Grunde haben wir von allen Weingütern ein Vollsortiment und damit eine weitaus breitere Auswahl als die meisten anderen. Unter anderem von Robert Weil, Maximin Grünhaus, Georg Breuer, Franz Keller, Dreissigacker, Stigler, Kreuzberg, Castell, Schönborn, Reichsgraf von Kesselstatt, Schloss Johannisberg, Künstler, Emrich-Schönleber, Heymann-Löwenstein, Dautel haben wir mehr als 10 Weine im Sortiment.

    Natürlich sind aber bei einigen Weingütern viele Weine aus dem Mini-Jahrgang 2010 ausverkauft ab Weingut und damit auch nicht bei uns verfügbar.
    Mit dem Jahrgang 2011 sieht das aber garantiert wieder anders aus!

    Ich hoffe, ich konnte einige Missverständnisse klarstellen. Bei Fragen schreiben Sie mir einfach!

    Beste Grüße aus Mainz,
    Felix Gärtner

  4. Hallo, gerne erkläre ich jedem, den es interessiert, den “Sinn” hinter Wine-in-Black, da ich aus dem Artikel lese, dass das Konzept nicht vollends verstanden wurde. Es geht um „Lead-Generation“, d.h. darum, neue Zielgruppen für Premium-Weine zu gewinnen und durch Rabatt zu einem Erstkauf zu animieren, der sonst nie stattgefunden hätte. Leider ist der Handel insbesondere mit teuren Weinen im Internet schwierig, weil der hohe Preis für Leute, die einen Wein nicht kennen, ein Risiko darstellt.
    Wie jeder Händler weiß, begeistert man Kunden am besten, wenn Sie den Wein vorab probieren dürfen. Hier verschenkst der Handel sogar Wein, um dafür zu werben. Dies können wir im Internet leider nicht (weder Weine probieren lassen noch diese verschenken) – daher der Club.
    Wir sprechen mit diesem Konzept insbesondere eine junge Zielgruppe an (Ansprach mit Du, Shopping-Club Modell mit tickender Uhr als spielerisches Element etc.), d.h. wenn wir erfolgreich sind, vergrößern wir die Relevanz und den Gesamtmarkt für Premiumweine insgesamt, weil junge Zielgruppen früher an dieses Thema herangeführt werden. Und Du wirst mir sicherlich zustimmen, dass wenn man einmal angefixt ist, das Leben plötzlich viel zu kurz erscheint, um billigen Supermarkt Wein zu trinken.
    Wir konnten für den Testbetrieb (in dem wir uns noch befinden) Winzer und Händler überzeugen, uns ein limitiertes Kontingent Ihrer Premiumweine zur Verfügung zu stellen. Daher sind alle Deals abgesprochen, natürlich auch mit den einzelnen Winzern.
    Unser Versprechen ist, in eine Spitzenzielgruppe diese Weine zu „verteilen“ und auf diese Weise aktiv in Markenbildung in den für Sie wichtigen, insbesondere jungen Zielgruppen zu investieren;
    Dahinter steht auch die Hoffnung, dass einige Weine dermaßen überzeugen, dass das nächste Mal dieser Wein wieder zum regulären Preis gekauft wird und so ein „lead“ erzeugt wurde. Für die deutschen Weine dann hoffentlich bei Vicampo.de oder weinwelt-rheingau.de – für die ausländischen Weine durch Verlinkung, direkt auf einen Shop (wie z.B. Wein-plus es auch tut)oder auf eine Plattform wie z.B. Wein.cc
    Ich hoffe ich konnte etwas Licht ins Dunkel bringen,
    Viele Grüße
    Max (Geschäftsführer Vicampo GmbH)

  5. Sehr geehrter Herr Gärtner,
    fakt für mich ist: als ich mir die Seite am 25. 10. genauer angesehen habe, gab es von mehr als einem Dutzend besonders namhaften Erzeugern – Schloss Vollrads, Kracher, P.J. Kühn, F.X. Pichler, Egon Müller, Bernhard Huber, Weegmüller, Diel, Balthasar Ress, J. J. Prüm, Klaus Keller etc. – zwar ein mehr ode minder ausführliches Profil, aber es waren keine Weine hinterlegt. Bei anderen gab es zwar Weine, aber nur die der zweiten und dritten Kategorie (z.B. Georg Breuer) oder auch „nur“ den Sekt (z.B. Van Volxem). Das von Ihnen genannte Weingutsverzeichnis füllt das ganze linke Sideboard der Startseite und ist so weit ich das erkennen kann suchmaschinenoptimiert dient also der Generierung von traffic. Ich habe mir heute morgen die Liste nochmal genauer angesehen. Auf 100 Guts-Eintragungen kamen 16 Betriebe, bei denen ein Shop mit bestellbaren Weinen hinterlegt war. Ich halte dies wettbewerbsrechtlich zumindest für bedenklich.

  6. Lieber Herr Scheuermann,

    danke für Ihre Anmerkungen und Bedenken, die ich immer noch nicht ganz nachvollziehen kann.

    http://www.vicampo.de ist unsere Startseite und hier gibt es kein Weingutsverzeichnis, das Verzeichnis ist nur über einen einzigen kleinen Footerlink zu erreichen.
    Es macht für uns ja auch gar keinen Sinn, etwas zu bewerben, was wir nicht anbieten.

    Ich nehme Ihren Punkt aber auf, dass der Begriff Weingutsverzeichnis vielleicht von der Bezeichnung her irreführend sein kann für Leute, die in den Footerlink klicken.

    Liebe Grüße,
    Felix Gärtner

  7. Bei Google wird das als Suchergebnis für jedes einzelne Weingut so angezeigt:

    „Erfahren Sie mehr über das Weingut A. und F. Proidl und rund ums Thema Wein auf Vicampo.de. Bestellen Sie online Wein direkt vom Winzer!“

    „Vicampo.de – Wein direkt vom Winzer Vicampo.de – Wein direkt vom Winzer … Der Weinlaubenhof der Familie Kracher im burgenländischen Weinbaugebiet …“

    „Wein direkt vom Weingut Wittmann kaufen. Bestellen Sie online auf Vicampo.de Ihre Lieblingsweine direkt vom Winzer.“

    Das halte ich rechtlich für bedenklich.

  8. Pingback: Wie sieht der optimale Weinshop der Zukunft aus? | Blog

  9. Sehr geehrter Herr Gärtner,
    fakt für mich ist: als ich mir die Seite am 25. 10. genauer angesehen habe, gab es von mehr als einem Dutzend besonders namhaften Erzeugern – Schloss Vollrads, Kracher, P.J. Kühn, F.X. Pichler, Egon Müller, Bernhard Huber, Weegmüller, Diel, Balthasar Ress, J. J. Prüm, Klaus Keller etc. – zwar ein mehr ode minder ausführliches Profil, aber es waren keine Weine hinterlegt. Bei anderen gab es zwar Weine, aber nur die der zweiten und dritten Kategorie (z.B. Georg Breuer) oder auch “nur” den Sekt (z.B. Van Volxem). Das von Ihnen genannte Weingutsverzeichnis füllt das ganze linke Sideboard der Startseite und ist so weit ich das erkennen kann suchmaschinenoptimiert dient also der Generierung von traffic. Ich habe mir heute morgen die Liste nochmal genauer angesehen. Auf 100 Guts-Eintragungen kamen 16 Betriebe, bei denen ein Shop mit bestellbaren Weinen hinterlegt war. Ich halte dies wettbewerbsrechtlich zumindest für bedenklich.

  10. Pingback: Wein online wirft viele Fragen auf

  11. Pingback: Weingüter verzichten auf Umsatz