Flagge zeigen – vom Wert der Appellationen

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Ob das die Lösung ist? Diese Frage kam mir in den Kopf als Matthew Stubbs bei der Sud de France Masterclass von den Projekten berichtete, neue Gebiete im Languedoc in den AOC/AOP Status zu erheben. Was soll es für Winzer und Verbraucher bringen, wenn Gres de Montpellier oder Terrasses de Larzac demnächst als eigene Appellationen auf dem Etikett stehen?

Die Winzer versprechen sich davon eine bessere Abgrenzung gegenüber anderen Herkünften – ihre Kunden sollen ihre Weine besser von anderen unterscheiden können. Die Verbraucher sind aber wohl eher verwirrt: gerade der Süden ist ein gutes Beispiel für die Appellations-Inflation. 1982 gab es im Languedoc/Roussillon 10 Appellationen, heute sind es 50. Neue Bezeichnungen wirken da nicht wirklich erhellend.

Was für ein tolles Sandkorn bist Du... credits:gapingvoid.com (CC BY-NC-ND 3.0)

Was für ein tolles Sandkorn bist Du...nur schade, dass Du hier am Strand liegst... credits:gapingvoid.com(CCBY-NC-ND3.0)

Für die Weinkäufer sagt eine Appellation noch nicht mal etwas über die Qualität: Bordeaux gibt es für 2,48 und für 24,80 Euro und unter der Bezeichnung Margaux bekommt man nicht nur Château Margaux sondern auch eine ganze Reihe sehr mittelmäßiger Tropfen.

Eine Appellation ist eine Marke

Robert Joseph hat sich in einer kleinen Artikelreihe auf seinem Blog sehr lesenswerte Gedanken dazu gemacht. Eine Appellation ist eine Marke und muß wie jede andere Marke mit Inhalt aufgeladen werden. Das Problem bei einer Appellation ist, daß viele unterschiedliche Winzer und Interessen „unter einen Hut gebracht“ werden müssen – da ist die Gefahr groß, dass man sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigt.

Deshalb haben sich viele Produzenten von den Appellationen verabschiedet. Sie haben ihre eigenen Marke etabliert und bauen sie aus:  Guigal’s top Cote Roties, Gaja’s Barbarescos, Palacios’s Priorats, DRC, Lafite, Petrus, Penfolds Grange, Harlan Estate, Cloudy Bay werden  um ihrer selbst willen gekauft und nicht wegen der Appellation willen aus der sie stammen – schreibt Joseph. Beispiele aus Südfrankreich lassen sich auch aufführen: Gauby, Mattassa, Domaine de l’Horizon….

Es ist klar, dass auch eine Absender-Marke kein 100%-Garant für Qualität ist. Joseph erinnert an die aktuelle Situation von Labouré Roi – jeder hat sicher schon die Erfahrung gemacht, daß man aus diesem Haus von Top bis Flop so ziemlich alles bekommen konnte.

Flagge zeigen – Appellation versus Absendermarke

Was ist die Lösung? „Es ist klar, dass ich in der Kommunikation immer zuerst mein Castello di Poppiano in den Vordergrund stelle. Trotzdem muss man Flagge zeigen!“ sagte Conte Ferdinando Guicciardini bei der Prowein – er selbst war von 1995 bis 2003 Präsident des Consorzio Chianti Colli Fiorentini. „Die Appellation ist wichtig – und wenn man in einer Region produziert, soll man die Herkunft auch auf das Etikett schreiben“ meinte Francesco Ricasoli, der nicht von Super-Toskanern unter Tafelwein-Etiketten überzeugt ist „daneben muss man seine eigene Marke aufbauen! Ich produziere Chianti-Weine auf Castello di Brolio!“

Vielleicht ist diese Synthese der richtige Weg? Sie setzt aber voraus, daß ich dann als Produzent auch aktiv in den Gemeinschaftsgremien mitstreite und -arbeite – damit sich die Appellation auch in die richtige Richtung entwickelt.

Und der Verbraucher? Er kauft dann einen Colledilà von Ricasoli , entdeckt beim Korkenziehen den schwarzen Hahn auf der Banderole und erinnert sich an seinen letzten Toskana-Urlaub. Damit bekommt der Wein Herkunft und eine zusätzliche Identität.

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