Können die Großen auch klein?

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Indian Summer am Porter Creek: die Sonne scheint durch die uralten Bäume auf das weisse Farmhaus. Die Luft ist mild und fließend. Hinter der Ranch leuchtet der Wald in allen Farben. Wir gehen durch die Reben auf die alten Gebäude zu. Ein amerikanisches Paradies wie man es aus Hollywood kennt.

Gallo Mac Murray Ranch, Sonoma

Gallo Mac Murray Ranch, Sonoma

Und in der Tat: die MacMurray Ranch am Russian River  in Sonoma gehörte lange Jahre dem Hollywood Schauspieler Fred MacMurray, der in den 50er und 60er Jahren in zahlreichen TV-Serien reüssierte. Als die Farm 1996 zu verkaufen war, machte die Gallo Familie aus dem Paradies für Fliegenfischer und Rinderzüchter ein „Wine Estate“. Aus den Viehweiden wurden 182 ha Reben. Da es hier keinen eignen Keller gibt, werden die Trauben in einem der Gallo Betriebe im Sonoma verarbeitet.

MacMurray Ranch ist einer von mehreren Betrieben, die Gallo in den letzten Jahren kaufte. Dazu gehören Frei Brothers, Rancho Zabaco, Louis  Martini und andere renomierte Weingüter. Die letzte Erwerbung war William Hill Estate im Napa. Diese Betriebe sind klein im Vergleich zum eigentlichen Geschäft der Gallo Gruppe, sollen aber helfen, das „Wine Familiy“ Image der Gruppe zu verstärken, erklärt uns PR-Chef Michael J. Heintz beim Mittagessen auf der Terrasse. Dazu gehört auch das Auftreten von Gina Gallo als Winemakerin. Der Hinweis auf Bordeaux und Rothschild ist vielleicht nicht ganz so glücklich, denn dort war zuerst der Grand Cru vorhanden – dann kam das Massengeschäft.

Natürlich bekommt Gallo für seine Weine Auszeichnungen und Medaillen, aber die Wein-Gemeinde hat ihren Frieden mit dem Imperium noch nicht gemacht. Als Ernest Gallo 2007 mit fast 98 Jahren starb, würdigte der Decanter seine Verdienste:  Gallo machte als erster im Fernsehen Werbung für Wein, er tat viel für das moderne Wein-Marketing und wurde oft kopiert, Gallo war einer der ersten, die Exportmärkte erschloß, auf Gallos Initiative wurde der erste Lehrstuhl für Oenologie in Davis eingerichtet. Zahlreiche Winzer überlebten Anfang der 90er Jahre nur, weil Gallo die Trauben bereits 30 Tage nach der Ernte bezahlte.

Funktioniert das mit dem Halo-Effekt wirklich? Bringen die Sterne und Punkte dem Rest des Geschäftes mehr Glanz? Da die Weine häufig über andere Kanäle vertrieben werden, sich oft nicht einmal der Name der Gruppe auf dem Etikett findet, wissen selbst Kenner oft nicht, daß dort Gallo drin ist. Spätestens wenn man sich dann ein Produkt wie Pölka Dot („for those who crave something a little sweet“) anschaut, das in der Tradition der deutschen Rieslinge („terroir-expressive“) stehen soll, ist es mit der Wein-Kompetenz vorbei –  it’s pure marketing. PR-Chef Heintz meint dazu, Gallo stehe in den USA  mittlerweile für ein Komplett-Angebot mit Weinen aus der ganzen Welt und dazu gehörten eben auch Spitzenweine aus Kalifornien. Wie das alles zusammenpaßt, ist schwer nachvollziehbar.

Das es auch anders geht, kann man bei einer der ältesten Kellereien in Sonoma / Carneros sehen. Der Name Buena Vista wurde auch in Zeiten der Zugehörigkeit zu Racke dermaßen verheizt, daß von dem einstigen Renomée nur noch wenig geblieben ist. All zu verschiedenen Qualitäten wurden in großer Auflage in den Markt gepumpt. Nach einem Mangement buy-out wird jetzt restrukturiert:  statt 4,2 Mio Flaschen wird zukünftig nur noch der beste Teil der Produktion (ca. 360.000 Flaschen) unter dem Namen Buena Vista auf den Markt gebracht. Der Rest fließt in Markenweine der neu entstandenden Ascentia Group, zu der auch Premium Brands wie  Geyser Peak , XYZIN und Garry Farell gehören.

Um zu sehen, wie erfolgreich oder nicht erfolgreich große Strukturen mit kleinen Preziosen zurechtkommen, braucht man nicht nach Kalifornien zu gehen: kaum jemand weiß, das die Freiherr von Neveu’sche Gutsverwaltung
in Durbach Mitglied beim Badischen Winzerkeller ist. Dem Weingut war  auch einmal eine ähnliche Rolle zugedacht, wie der Mac Murray Ranch in Sonoma.

Hier noch mehr Fotos von der Mac Murray Ranch.

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