Marketing ohne Geheimnis – was hat Weinhandel mit Motorradfahren zu tun

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Motorradreifen

Was hat Weinmarketing mit Motorradfahren zu tun? foto:Roomic Cube/flickr

Das Marketing-Geheimnis für Weinhändler: Wie Sie in 12 einfachen Schritten Ihren Umsatz steigern – auch ohne BWL-Studium oder Marketing-Budget – Preis: EUR 29,90 – kostenlose Lieferung“. Bei der Suche nach neuen Wein-Marketing Büchern bin ich auf diesen Titel gestossen. „Dieses Buch richtet sich an Besitzer und Mitarbeiter von Weinhandlungen und an alle Personen, die sich für die erfolgreiche Vermarktung von Weinen interessieren“ heißt es in der Beschreibung bei AMAZON.

Die dazugehörenden Webseite www.weinhandel-marketing.de begrüßt den Leser mit den Sätzen: „Liebe Weinhändler, vielleicht stellen Sie sich auch hin und wieder folgende Fragen: „Wie kann ich meinen Umsatz steigern?“, „Wie erhöhe ich meinen Gewinn?“, „Wie kann ich meine Kunden trotz des Kostendrucks zufriedenstellen?“

In dem Buch soll man unter anderem erfahren, „Was das Spezielle am  Marketing für Weinhändler ist“, „Wie Sie Ihr Produkt zum Bestseller machen“ und „Wie Sie den optimalen Preis für Ihren Wein finden“. Liest man das Inhaltsverzeichnis, fehlt nur noch die Beantwortung der Frage, wie man ohne Arbeit reich werden kann.

Da man sich in der Weinmarketing-Szene einigermassen kennt, war ich auf den Autor, beziehungsweise die Autorin gespannt : Anne-Katrin Straesser. Als ich bei AMAZON auf die Autorin klicke, bin ich erstaunt – die Dame ist außerordentlich produktiv: insgesamt 90 Titel zeigt der Katalog an.

Noch erstaunter bin ich, daß die Bücher alle gleich aussehen und sich äußerlich nur im Titel unterscheiden. Gleich das erste heißt: „Das Marketing-Geheimnis für Motorradhändler: Wie Sie in 12 einfachen Schritten Ihren Umsatz steigern – auch ohne BWL-Studium oder Marketing-Budget“. Es kostet 29,90 und wird ebenfalls kostenlos geliefert und „richtet sich an Motorradhändler und an alle Personen, die sich für die erfolgreiche Vermarktung von Motorrädern interessieren.“

Die zugehörige Webseite heißt www.motorrad-marketing.de , sieht genauso aus, wie die für die Weinhändler. Mit dem kleinen Unterschied, daß überall dort, wo Weinhandel und Wein steht, jetzt von Motorradhandel und Motorrädern die Rede ist.

Die Frau kennt sich wirklich umfassend aus: Immobilienmakler, Steuerberater, Restaurants, Friseure, Apotheken, Physiotherapeuten, Bäckereien, Raumausstatter, IT-Berater, Tierärzte, Zahntechniker, Sprachschulen, Fahrschulen, Gebäudereiniger, Fitnessstudios, Zahnärzte, Bars und Kneipen, Machinenbauer, Glaser, Santätshäuser, Reformhäuser, Taxiunternehmen, Druckerein, Blumenläden, Innenarchitekten, Kosmetikstudios, Modeboutiquen, Architekten, Metzgereien, Zoohandlungen, Möbelgeschäfte, Catering-Unternehmen, Parfümerien, Sportgeschäfte und Versicherungsagenturen, Heilpraktiker,  Änderungsschneider, Imbisse , Herrenausstatter und Fußpfleger. Insgesamt 89 Branchen werden marketing-mäßig betreut.

Sogar Bewertungen gibt es. Die meisten Bewertungen finden sich bei den Ausgaben für Heilpraktiker, Fahrschulen und Bioläden. Ein Rezensent des Heilpraktiker Buches fragt sich,was er mit einem Beispiel aus der Wurstbranche anfangen soll: „haben Sie eine ganz bestimmte Wurstsorte, eine besondere Tradition….? Wenn die Weihnachtszeit beginnt, könnten sie die Zeitung über ein uraltes Rezept für Leberpastete informieren“ und meint dann „Es scheint als wäre dieser Ratgeber so geschrieben, daß man jederzeit Heilpraktiker, Wurstverkäufer, Gastronom oder anderes austauschen kann. Es spricht nicht realistisch eine Praxis an. Das Buch hat gerade 100 Seiten und ist damit viel zu teuer.“

Jemand der endlich das Marketing-Geheimnis für Fahrschulen erfahren wollte, fühlt sich vera… und verhöhnt (Zitat): „Dieses Marketing – Geheimnis Buch hat wirklich keinen wirklichen Inhalt, ich denke dafür wurde es auch nicht auf den Markt gebracht. Scheinbar steht bei allen Berufszweigen der selbe Unsinn drin, lediglich die Branche wird namentlich geändert. Das große Geheimnis ist scheinbar, wie gestalte ich den Buchtitel so, dass genügend darauf reinfallen“!

Es scheint, dass hier die Möglichkeiten modernen Publishings und des Online-Targeting ausgreizt werden: Die Bücher werden „on demand“ gedruckt. Bestellt der Fußpfleger ein Exemplar, wird es eigens hergestellt. Die Investition für das Einstellen beim Verlag und für die Kommunikation sind überschaubar. Auch in der Online-Vermarktung scheint sich die Autorin/Verlegerin auszukennen: denn die Bücher werden nicht nur bei AMAZON, sondern auch in den Katalogen von Weltbild, Hugendubel, etc angezeigt und auch von Google gefunden.

Interessant ist, dass sich hinter der Autorin /Verlegerin, die auch Webseiten für „Extraordinary IncentivesEvents und Erlebnisreisen und in Köln ein Institut für „International Compliance“ unterhält, eine veritable Professorin verbirgt, die man auch bei XING findet  – vor wenigen Tagen freute sich die FOM – Hochschule für Oekonomie & Management in Essen „Frau Professor Dr.Anne-Katrin Sträßer“ für das Fach Allgemeine BWL gewonnen zu haben.

Auf nach Essen – ich denke, da kann man Einiges lernen!

3 Kommentare

  1. das die heilpraktiker auch so unflexibel sind. da muss man den transfer ziehen.. „bieten sie im monat dezember eine besondere heilform an, etwa eine wihnachtliche zimt-schokoladen-massage, dazu klänge von tibetanischen weihnachtschören“… und schon rennt einem die lolas-welt die türen ein…

  2. Sehr geehrter Herr Pleitgen,

    hier meldet sich die veritable Professorin und Autorin obiger Bücher zu Wort!

    Eben stolpere ich über Ihren Beitrag im Internet, den ich lustig so lustig fand, so dass ich gedacht habe, ich melde mich kurz bei Ihnen!

    Zunächst einmal vielen Dank für die Aufzählung einige meiner Werke und Unternehmen! An dieser Stelle kann ich das moderne Zeitmanagement nur in höchstem Maße loben. Ein guter Bekannter sagte einmal: Kompetenz und Effizienz müssen sich nicht ausschließen.

    Beides möchte ich mir natürlich nicht anmaßen und so lade ich Sie natürlich herzlich gerne nach Essen ein! :-)

    Zu Ihrer Frage, was Motorradhändler und Weinhändler gemeinsam haben, kann ich nur antworten: Alles und nichts!

    Ich möchte es mal so verdeutlichen: Was haben die Deutsche Telekom und BMW gemeinsam? –Ebenfalls alles und nichts. Sie verkaufen unterschiedlich Produkte, sprechen unterschiedliche Zielgruppen an, aber es sind beides Großunternehmen mit einem globalen Markt.
    Sie geben etliche Summen für Marktforschung, für Zeitungs- und Fernsehwerbung auf, planen strategisch ihre nächsten Marketingkampagnen und Produkteinführungen.

    Bei Motorradhändlern und Weinhändlern sieht es so aus, dass beide unterschiedliche Produkte verkaufen, unterschiedliche Zielgruppen ansprechen, es sind beides in der Regel kleine bis höchstens mittelständische Unternehmen mit einem regionalen Markt.

    Abgesehen von den Ketten, die ich wieder zu den Großunternehmen zähle, geben die Einzelhändler eben nicht etliche Summen für Marktforschung aus, Zeitungs- und Fernsehwerbung wären für einen regionalen Markt herausgeworfenes Geld und die Marketingkampagnen werden in der Regel nicht strategisch geplant.

    Wenn Sie mit Ihren Recherchen tiefer gegangen wären, hätten Sie bemerkt, dass die Bücher vom Aufbau her ähnlich sind, in den Inhalten sich jedoch teilweise sehr nach Branche unterscheiden.

    Was kann denn ein Weinhändler machen, wenn er seinen Umsatz steigern will? Wie kann er sich gegen große Ketten, die teure Werbekampagnen machen, durchsetzen?

    Erfolg ist kein Vorrecht der Großunternehmen. Und das versuche ich mit den Büchern zu erklären.

    Welche Strategien sind denn für den Weinhändler wichtig? Was kann er tun, um seinen Umsatz mit geringem Mittel- oder Zeiteinsatz zu steigern? Wie kann er seine Kundenbindung erhöhen, neue Kunden bekommen und mehr verkaufen?

    Ich lade Sie und Ihre Leser ein, sich auf der Seite http://www.weinhandel-marketing.de darüber zu informieren. Hier entsteht auch ein Blog, in dem es kostenlose Tipps nur für Weinhändler gibt! Dabei bitte ich allerdings noch um etwas Geduld!

    Mit den freundlichsten Grüßen (aus Köln)

    Anne-Katrin Straesser

    • Hallo Frau Straesser,

      danke für Ihre Anmerkungen – bin auf das Blog gespannt!

      In der Tat gelten ja auch für die Weinbranche keine anderen Marketing-Regeln,
      als für andere Branchen. Insofern haben zum Beispiel ein Weinhändler und ein
      Blumenladen mehr gemeinsam, als man auf den ersten Blick vermutet. Habe da
      ein schönes Beispiel aus der täglichen Praxis in meinen Seminaren!

      Wünsche Ihnen frohes Schaffen und viel Erfolg Michael W. Pleitgen