Schweizer Weinmarkt: Was bewegen Aldi und Lidl?

| 8.799 mal gelesen |

Matterhorn

Was ist mit Wein rund ums Matterhorn? foto:twicepics/flickr

Von außen betrachtet mutet die Schweiz manchmal wie eine Insel der Seligen an. Da ist zum Beispiel der Weinmarkt: eine ausgeprägte Weinkultur, hoher Pro-Kopf-Verbrauch und ein wesentlich höherer Durchschnittspreis pro Flasche als bei uns. Allerdings hat sich auch in der Schweiz einiges geändert und es herrschen schon seit langem nicht mehr so paradiesische Zustände, wie es von außen erscheint.

Bei der Internationalen Weinprämierung in Zürich sprach ich mit Wine Consultant Ivan Barbic, langjährigem Weineinkäufer bei der Coop AG.

Die größte Veränderung im Schweizer Einzelhandel dürfte wohl der Markteintritt von Aldi und Lidl gewesen sein. Was hat sich seither im Wein geändert?

Der Start der Discounter hat schon etwas für Aufregung gesorgt, aber für den Weinmarkt entscheidend war eher die Übernahme der Carrefour-Outlets durch die Coop in 2008. Coop wurde damit mit Abstand zur Nummer 1. Neben Coop ist eigentlich nur noch Denner relevant, die ewige Nummer 2. Die beiden zusammen dürften wertmäßig gut 90% des gesamten Weins im LEH abdecken. Der LEH macht mit ca 1 Mrd Franken ungefähr die Hälfte des Schweizer Weinmarktes aus. Denner versuchte trotzdem gegenzuhalten: das hat dazu geführt, das erstmals wirklich preisagressive Aktionen gefahren wurden und insgesamt die Preise um einiges nach unten gegangen sind. Mit Lidl und Aldi hat das nichts zu tun.

Also keine Auswirkungen durch Aldi und Lidl?

Bei Denner und Coop ist Wein ganz klar Profil-Sortiment. Und die beiden sind dort fast unangreifbar. Lidl scheint sich eher bei Obst und Gemüse profilieren zu wollen, Aldi fährt viele Non-Food Aktionen. Ein Zeichen, dass Wein bei den Discountern nicht im Fokus steht: sie werben kaum mit Wein in den Medien.

Kaufen die Schweizer Wein nicht beim Discounter? Was ist mit der Migros?

Doch, Denner ist ja das beste Beispiel dafür. Aber dort gehen Bordeaux und andere hochwertige Weine. Chateau Bonnet, der in Deutschland ein Fachhandelswein (Jacques‘) ist, steht bei Denner seit Urzeiten im Regal. Bei einem Durchschnittspreis von 10 CHF pro Flasche am Markt hat ein Billig-Sortiment nicht die gleich Attraktivität wie in Deutschland. Die Leute denken, das sind dann wirklich in jeder Hinsicht „billige“ Weine. Außerdem haben die „deutschen“ Discounter in der Schweiz eher einen schlechten Zugang zu den heimischen Erzeugern: je nach Jahrgang und Menge bekommen sie einmal mehr, einmal weniger. Bei Coop und Denner machen Schweizer Weine immerhin ein Drittel des Angebotes aus. Und das entspricht der Nachfrage, auch wenn ausländischer Wein regelmäßig zulegt. Die Migros verkauft in ihren Läden keine alkoholischen Getränke, lediglich bei Denner und Globus, die zum Konzern gehören.

In Deutschland kreieren Aldi und Lidl Weine mit bekannten Erzeugern. Auch VDP Weine findet man. Kann das in der Schweiz ein Thema sein?

Der Markt ist klein. Da kommen keine Mengen für solche Projekte zustande. Bei den Aldi und Lidl schon gar nicht: Aldi hat 130 Läden, Lidl zur Zeit 30. Coop und Denner, beide mit jeweils etwa 800 Outlets, versuchen es eher mit Exklusivitäten bekannter Erzeuger.

In der Vergangenheit wurde von den beiden Großen mit Fachhandels- und Gastrokonzepten experimentiert. Deutsche Lebensmittler und Journalisten haben sich die Sachen seinerzeit sehr interessiert angeschaut. Was ist daraus geworden?

Das ist alles ad acta gelegt: Coops „Vinace“ oder die „Galerie du Vin“ sind bereits Geschichte und Denner hat seine D-Vino Weinbars veräußert. Lebensmittelhändler tun sich mit solchen konzepten schwer: die Einstiegsinvestitionen sind hoch, man braucht anders Personal, es ist fraglich, was es an Profil für die Marke bringt und es fehlt der lange Atem. Coop hat allerdings in seine Superstores fachhandelsähnliche Abteilungen mit über 700 Weinen integriert.

2 Kommentare

  1. Pingback: Wein: Aldi und Lidl lassen Coop und Denner kalt

  2. Pingback: Wein – was machen die Schweizer anders?