Social Media ist Privatsache – Nutzer wollen keine Firmeninhalte

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Social Media Wissenschaftler Dan Zarella

Social Media Wissenschaftler Dan Zarella foto:danzarella.com

Werden Facebook und Co unsere Medien-Welt so schnell verändern, wie es zur Zeit viele Marketing- und PR-Leute sehen? Sind nicht wachsende Facebook-User Zahlen und zunehmende Online-Nutzungszeit beredte Zeichen für eine grundlegende Veränderung im Kommunikationsverhalten? So stiegen die Mitgliederzahlen bei Facebook in Deutschland im letzten Quartal von 9 auf 10 Mio Nutzer und in einigen Altergruppen übertrifft die wöchentliche Online-Zeit den Fernsehkonsum.

Social-Media-Guru Dan Zarella sagte gestern Abend in einer Online-Veranstaltung, auch im Facebook-Zeitalter würde alles genauso ablaufen, wie immer und überall: schlichte Botschaften, einfach gefaßt, machen das Rennen. Auch in Facebook sind „Sex“ und „positiv“ die am besten wirkenden Keywords. Social Media dient zum Austausch mit Freunden und Bekannten. Andere Inhalte werden akzeptiert, wenn sie unterhalten, wie Spiele und Videos. Tranzparenz, Wahrheit und Klarheit seien auch in den Netzwerken Schlagworte, die mit der Realität wenig zu tun hätten.

Die finnische Gruppe Habbo Hotel hat jetzt 49.000 Jugendliche aus der Generation Z zwischen 11 und 18 zu ihrer Einstellung zu den Medien befragt. Die Jugendlichen sind die Nutzer der Zukunft. Die Ergebnisse der Studie überraschen nicht, wenn man sich Dan Zarellas Gedanken zu eigen macht. Sie sind aber ernüchternd für alle, die mit den Online-Medien ein neues Marketing- und Kommunikations-Zeitalter anbrechen sahen.

Ein Drittel der Jugendlichen ist nicht bereit, für Online Inhalte zu bezahlen. Internet und Social Media sind kostenlose Spielplätze, Kino- und Theaterbühnen. In Spanien und Italien ist es sogar die Hälfte. Bevor sie bezahlen, würden sich die meisten erstmal auf  die Suche machen, ob es  gleichen Inhalte nicht an anderer Stelle gratis gibt.

Inhalte mit anderen zu teilen oder auszutauschen, gehört ebenfalls nicht zu den Stärken. 40% haben noch nie etwas weitergegeben. Und wenn, dann sind es Musikstücke, Spiele oder Bilder. Auch dies ein Hinweis, daß Internet ein Unterhaltungskanal ist. So behält dann Fernsehen auch weiterhin eine hohe Bedeutung, Internet wird zusätzlich genutzt. Der Verlierer im Medien-Mix ist klar: nur 18% der Jugendlichen meinen, das Print eine Zukunft hat.

Die Kommunikation über das Internet ist für die Teens zur zweiten Natur geworden. Das Netz vergrößert die Reichweite, erweitert sozusagen den Schulhof oder die Kantine: durchschnittlich hatten die Befragten zwischen 100 bis 200 Online-Freunde, mit denen sie Kontakt halten. Auf die Frage, wo virtuelle Welten sich hin entwickeln könnten, meinten 55%, das Internet könnte ein zweites Zu-Hause werden.

Denkt man diesen Gedanken zu Ende, dann bedeutet „Zu-Hause“ Familie, Freunde und Bekannte. Werbung, Warenangebote haben dort erstmal keinen Platz. Sie werden in Kauf genommen, wie der Werbeblock im Fernsehen. Und sobald man dann weiss, wie man den auch im Internet ausblendet, wird auch dort gnadenlos auf den AUS-Knopf gedrückt.  Die Worte „Marketing“ und „Werbung“ gehören schon jetzt bei Facebook zu den unbeliebtesten, sagte Dan Zarella gestern abend. „Da wird sofort weitergeklickt!“ Also alles wie im wirklichen Leben.

4 Kommentare

  1. Hallo Herr Pleitgen,

    schrieben Sie in anderen Blogs nicht, dass es für Winzer und Weinhändler absolut notwendig sei, alle Möglichkeiten des Web 2.0 zu nutzen? :)

    Schöne Grüße
    Andreas

    • Daran hat sich nichts geändert: wer heute im Internet als Marke präsent sein will, kommt an Facebook nicht vorbei. Aber man muss es je nach Zielgruppe r i c h t i g machen.

      Überlegen Sie einmal, bei welcher Werbung sie selbst beim Fernsehen wegzappen und welche sie anschauen. Ähnlich funktioniert es in Facebook, wenn wir Fans und Botschafter für unsere Marke gewinnen oder etwas verkaufen wollen.

  2. Pingback: Print ist doch nicht tot… « Würtz-Wein

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