Wege aus der Krise – Eigenmarken im Wein-Fachhandel

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Eigenmarken im Weinhandel

Eigenmarken im Weinhandel - eine Lösung? foto: quinn anja/flickr

„Was muss ein Wein haben, damit er als Preisbrecher bezeichnet werden darf? Nun, er sollte besonders lecker und besonders preiswert sein“ schreiben die Berliner Wein & Vinos Leute über ihren Landwein aus Kastilien. Anprechendes Etikett, ansprechender Preis: 4,95 €. „Der Wein macht Spaß und schont den Geldbeutel.“ Winzer: Bodegas Wein + Vinos.

In diesem Wein haben wir alle Elemente einer modernen Handelsmarke vereint: Alleinstellung, Abgrenzung gegenüber der Konkurrenz, eigene Corporate Identity, innovative Gestaltung, preisliche Leistungsfähigkeit und gleichzeitige Sicherung der Handelsspanne.

Ohne Schnörkel erklärt der Händler auf seiner Website: „Dieser Wein ist eine Eigenmarke von Wein & Vinos. Unsere Eigenmarken sind Sonderabfüllungen von ausgesuchten Weingütern Spaniens. Alle Weine, die unter unseren Eigenmarken verkauft werden, unterliegen unserer persönlichen Qualitätskontrolle. Nur so können wir sicherstellen, dass die Weine eine gleichbleibende und hohe Qualität aufweisen.“

Wein & Vinos ist damit kein Einzelfall. „Osteria, Le Corbeau, Lo Ribauto, Casa los Pinos, Engelsekt, das sind nur einige Beispiele für unsere Eigenmarken, die es zum aus der Biobranche nicht mehr wegzudenkenden Klassiker geschafft haben“ heißt es bei Riegel Weinimport. Und auch Riegel begründet das mit der hohen Sicherheit, die die Eigenmarke und bei Riegel oft auch Eigenabfüllung begründet.

Im Weinhandel sind in den letzten Jahren immer mehr solche Eigen-Kreationen des Handel aufgetaucht. Viele Eckartikel und Umsatzbringer gehören zu der Kategorie der „Handelsmarke der vierten Generation“. Darunter versteht man imagebildende, innovative Produkte, mit denen der Händler häufig auch noch sich selbst als Einkaufstätte profiliert. Obwohl recht hochwertig, sind sie trotzdem meist günstiger als entsprechende Artikel mit Herstellermarke.

Ist die Entwicklung solcher Eigenmarken ein gangbarer Weg für den Fachhändler? Von den Filialisten wird er schon seit Jahren beschritten. Für den Kunden muß das nicht so sichtbar sein, wie in unseren beiden Beispielen.

Wenn es zum Geschäftsprinzip gehört, hinter den Weinen Gesichter, Winzer oder Winemaker zu zeigen, heißt der Wein dann statt „Willow Hills“ „Vintners Selection“, ist eine besonders ausgesuchte Qualität und wird exklusiv abgefüllt. Damit sind genug Argumente da, daß er statt 5,80 € auch 7,80 € kosten darf. Und immer noch günstig erscheint.

Vorsicht allerdings, wenn die Kunden dahinterkommen! Ein Beispiel aus der Schweiz: „Man macht mehr Umsatz, wenn ein und derselbe Wein mit verschiedenen Etiketten verkauft wird“. Was sicher nicht nur für den Zürcher Händler aus dem Beispiel eine Binsenweisheit ist, grenzt für die Kunden an Betrug. „Undurchsichtig ist, ob Eigenmarkenweine ihr Geld wert sind“  fragt dann auch das Test-Blatt SALDO.

Trotzdem sollte sich der kleine Fachhändler überlegen, ob er nicht zusammen mit zwei, drei Kollegen und einem guten Lieferanten solche unverwechselbaren Weine schaffen kann. Direktbezug, eigene Ausstattung, günstiger Preis: damit besteht die Chance, wieder mehr Herr der eigenen Kalkulation zu werden und zusätzlich Profil zu gewinnen.