Neu: Die Essen&Trinken Weinschule

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So viel Neues war schon lange nicht mehr! Erst letzten Monat erschien die alte Tante im neuen Kleid, jetzt hat sie schon eine neue Weinschule. Dazu noch eine, bei der man in nur 5 Minuten Weinexperte werden kann! Toll.

Die essen&trinken Weinschule im Dezember Heft

Die essen&trinken Weinschule im Dezember Heft

Vielen Dank an EDEKA. Denn dank EDEKA liegt der Dezember-Ausgabe von essen&trinken eine 22 Seiten starke Weinschule bei. Im Editorial eine ganz neue, verschmitzt, fröhlich freche Renate Frank, die Getränkespezialistin von e&t. Überhaupt sieht das Heft aus wie die e&t Weinschule powered by EDEKA. Die Redakteurin, das  Layout, die Fotos, alles so bekannt – alles e&t. Die Weine – natürlich von EDEKA.

Der HAWESKO/e&t Weinclub, an den man sich gerade erst gewöhnt hat, muß im Dezember pausieren. Oder war die Liaison nur von kurzer Dauer? Das e&t Weinpaket kommt diesmal aus Brasilien von der Villa del Vino.

Vielleicht hat Heraklit ja recht, der Krieg sei der Vater aller Dinge. Dann scheint die Zeitungs-Krise die Mutter alles Neuen zu sein. Dem einen beschert sie ein neues Format (Handelsblatt), dem anderen ein neues Layout (siehe oben) und der Dritte wird gleich ganz eingestellt (Weingourmet und viele andere). Auch bislang Unvorstellbares wird auf einmal Realität: eine EDEKA Weinschule powered by e&t (oder umgekehrt). Oder die wirklich gute Zeitung einer Gebietsweinwerbung, die von den gleichen Journalisten gemacht wird, die bis vor kurzem noch mit „Herr Wein-Papst“ angesprochen werden wollten. Jetzt verbringen sie ihre Nächte gerne mit dem Trolli.

Spaß beiseite: die Kreativität, die wir gerade erleben, das Neue, ist aus dem Mut der Verzweiflung geboren. 2009 wird als das annus horribilis der Zeitschriften und Zeitungen in die Geschichte eingehen. „Nächstes Jahr wird alles besser,“ sagte letzte Woche ein Wein-Journalist, „denn schlechter kann es nicht mehr werden.“ Nicht nur bei den Wein-Magazinen sind die Anzeigen in einem unvorstellbaren Maße weggebrochen. Die Hefte waren schon lange nicht mehr so dünn. Erstmals wurde bei großen Magazinen über den Verkauf am Kiosk mehr erlöst, als über die Anzeigen. Ein absolutes Novum und ein ganz großes Alarmzeichen.

Deshalb sollte man die e&t Weinschule powered by EDEKA (oder andersherum. Liebe e&ts, dass ist auch einfach nicht klar!) nicht mit Häme überschütten oder zu detailliert auseinandernehmen, wie zum Beispiel des Weinteil des neuen BEEF Magazins. Hier werfen wir gerade live einen Blick in die Zukunft des Food-Journalismus. Hier wird nach Wegen zum Überleben gesucht. Und ganz mutig mit Neuem experimentiert. Auch wenn dabei Stück für Stück so manche liebgewordene Tradition auf der Strecke bleiben muß.

Wenn der Anzeigenkunde nicht mehr zum Blatt kommt, muß das Blatt eben zum Kunden gehen. Früher ging der Anzeigenverkäufer allein hin, heute nimmt er den Kollegen aus der Redaktion gleich mit.

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4 Kommentare

  1. Sehr geehrter Herr Pleitgen,

    wenn ich nicht Ihren newsletter bekäme, wüsste ich gar nicht, dass es das e&t überhaupt noch gibt, denn in meinem Umkreis haben es die Zeitschriftenhändler gar nicht mehr vorrätig. Ich war sehr! lange Abonnent vo e&t (über 15Jahre) und habe vor gut 3 Jahren das Heft abbestellt, weil ich es müde war – von den überholten, manchmal modern reduzierten Rezepten und von einem ständig grinsenden Johann Lafer. Aber mit den Kochheften scheint es allgemein schlecht zu gehen. Meine geliebte „marmite“ aus der Schweiz ist leider auch zu einem nivaulosen Durcheinander mutiert. Das österreichische „a la carte“ bejubelt nur ständig seine hauseigenen Weine und Rezepte und bietet mir zu wenig für den Alltag. Von einer Kochzeitung erwarte ich gute alltagstaugliche Rezepte, ein Extra für Familien mit Kindern, Vorschläge für günstig und gutes Essen kochen sowie den ein oder anderen Weintipp. Am besten können das für mich immer noch die Leute von „la cucina“. Bodenständige italienische Gerichte und die passenden Weine. Gut fotografiert und keine störenden Anzeigen. Basta!

  2. Ach Herr Pleitgen,

    wenn man Ihren Beitrag liest, könnte man fast glauben, sie sehnten das Ende jeglichen unabhängigen Journalismus förmlich herbei. Nein, Sie haben nicht Recht: Es gibt eine Zukunft für die nicht ausschließlich von kommerziellen Interessen diktierte Berichterstattung, und unsere Zugriffszahlen auf ENO WorldWine sind der beste Beweis dafür.

    Im Übrigen zeugt Ihre Unterstellung, nur mit starkem Anzeigengeschäft seien Print(Food)Titel (über)lebensfähig nicht gerade von übertriebener Sachkenntnis. Schauen Sie sich mal die e&t-Konkurrenten aus anderen (Hamburger) Verlagen an: Da gibt es nicht wenige, für die das Anzeigengeschäft traditionell schon seit langem nur einen kleineren Teil der Einnahmen ausmachen.

    Wenn der Umsatz über den Heftverkauf den Anzeigenumsatz übersteigt, dann ist das zumindest in der langfristigen Tendenz keine schlechte, sondern eine gute Sache, denn es beweist, dass eine Zeitschrift wirklich für ihre Leser und nicht vorrangig für die Anzeigenkunden gemacht ist.

    Noch eines zum Abschluss: Der „e&t-Weinschule“ (wenn man dieses absurd überzogene Wort Weinschule in diesem Zusammenhang überhaupt benutzen will) kann man zumindest noch hoch anrechnen, dass sie offen und ehrlich als Edeka-Werbebeilage gekennzeichnet ist (Logo auf dem Umschlag). Bei Beef (s. meinen diesbezüglichen Artikel, den Sie ja zitieren), ist das leider nicht der Fall.

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