5 Thesen zur Zukunft des Weinfachhandels

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Nicht übertreiben oder Wie sieht die Zukunft der Weinfachhändler aus? foto:purplejavatroll/flickr

Mallorca im Februar, das hat schon was – da sind alle beieinander – wo geht das sonst? Ganz  zwanglos mit den führenden deutschen Weinfachhändlern beim Frühstück über die Zukunft der Branche diskutieren? Ich bin der Kooperation von VINERGIE, Barbara Wehowsky und GES Sorrentino für die Organisation dieses 10. Wein-Wochenendes auf der Insel sehr dankbar. Zum einen, weil ich mit Utz Graafmann vor einem sehr interessierten Publikum einen Workshop  zum Internet-Weinhandel und Social Media durchführen durfte, zum anderen  für die vielen Gespräche am Rande.

Was läuft gut für die Fachhändler, was nicht? Wie sieht die Zukunft für die Händler aus? Spannende Fragen – hier die Antworten der aktuellen Mallorca-Runde von vor 14 Tagen.

Die Branche hat sich professionalisiert

Schon jetzt sind die meisten Händler in Verbände und Kooperationen eingebunden. Auch kleinere versuchen sich mit einem Multi-Channel-Marketing: zum stationären Geschäft sind Online-Shop und regelmäßige Email- und White Mail Kampagnen gekommen.  Die Konzentration geht weiter: Gr0ße kaufen Kleine oder schliessen Liefer-Verträge.

Die Mitbewerber sind auch besser geworden

Die Reihen der Mitbewerber reichen heute von der Firma mit dem großen A bis hin zum selbstständigen EDEKA Händler um die Ecke. Alle haben sich am Fachhandel orientiert und dort etwas abgeschaut. Die Discounter leisten sich eigene 90 Punkte Weine und Hersteller, kleben Mundus-Vini- und Berlin-Trophy-Bepper auf ihre Angebote, halten sich Keller und del Monego als Kronzeugen ihrer Qualität – für einen Weineinzelhändler unbezahlbar.

Preiseinstieg und Premium funktionieren immer weniger

Spätestens seit FUB sich vom Markt verabschiedet hat, wird immer mehr Fachhändlern klar, daß sie im Premium-Geschäft nicht mehr mitspielen können –  der Markt ist zu transparent geworden und hat sich ins Internet verlagert. Auf der anderen Seite ist der 2,49 Chianti und der 13,98 Champagner für den Fachhändler auch nicht machbar – aber immer mehr Kunden wenden sich mit dem Verweis auf diese Referenzen vom Fachhandel ab. Ein totes Rennen, für den der sich darauf einläßt.

Die Einzelkämpfer erwischt es früher oder später – eher früher

Platz nehmen in der unbequemen und ewig diskutierten Mittelpreis-Nische heißt es für den Fachhändler. Über das Sortiment gibt es keine Rettung: gute Anbieter sind in den letzuten Jahren gewachsen und können nicht mehr nur mit den Fachhändlern überleben. Sie sind notgedrungenerweise jetzt auch bei den Ketten und bei den engagierten EDEKA Leuten vertreten. Exklusivität ade! Ein „Guten Tag!“ und „Auf Wiedersehen!“ das von Herzen kommt, reicht heute nicht mehr – ohne ein aufwendiges Kundenbindungsprogramm und entsprechende Werbeaufwendungen sind die Kunden schnell beim Mitbewerber. Ganz zu schweigen von der Neukundengewinnung – auch die ist immer aufwendiger geworden. Die Großen können Direktmarketing-Spezialisten bezahlen und sind gern gesehene Kooperationspartner für Medien oder Versender. (Stern-Weinschule oder Amazon)

Die Kunden haben sich an professionelles Marketing am Bildschirm und im Briefkasten gewöhnt: Lands End, Pro Idee oder Manufaktum setzen Benchmarks – Wein- Einzelkämpfer können da in den wenigsten Fällen mithalten.

Nur wer über den eigenen Schatten springt, wird es schaffen

Der Weg für den Fachhändler führt über Kooperationen – in welcher Konstellation auch immer. Gemeinsam einkaufen, gemeinsam werben, gemeinsam dem Mitbewerb Paroli bieten, gemeinsam überleben. „Gemeinsam statt einsam“ schrieb Werner Engelhard kürzlich in Wein+Markt. „Tauscht euch aus! Über Maßnahmen zur Kostenreduktion, über mögliche Synergien, auch über Einkaufspreise!“ Tabus sind angesichts des Fachhandels-Sterbens fehl am Platz.

Prowein-Zahlen richtig interpretieren

Da nicken alle – der ein oder andere hat auch schon ein Partner-Modell in der Schublade. Beim ausgedehnten Frühstück am Sonntag-Morgen, Sonnenschein und Palmen scheint die Lösung des Fachhandels-Problems ganz nah, ganz einfach. Ab Mittag geht es mit Air Berlin zurück in die harte Fachhandelswirklichkeit in good 0ld Germany. Mal gespannt, wen wir 2012 auf Malle wiedersehen!

Die Prowein 2011 wird so viele Aussteller präsentieren, wie nie zuvor und auch die Zahl der Besucher wird rekordverdächtig sein. Angesichts der Gesamt-Situation im deutschen Handel heißt das: noch mehr Anbieter treffen auf noch weniger Abnehmer in einem stagnierenden oder laut DWI sogar schrumpfenden Markt.  Wie heißt es so schön: die Hoffnung stirbt zuletzt. Die Prowein 2011 dürfte realistisch betrachtet bei allen Rekord-Meldungen, die in den nächsten Wochen aus Düsseldorf kommen, der ganz, ganz  große Hoffnungslauf der Branche werden.

2 Kommentare

  1. interessante Thesen. Es ist nur zu hoffen, dass viele Voraussagen nicht so stattfinden und der Einzelhandel mit kompetenter Beratung weiterhin sein Auskommen findet.
    Gegen die weltweite „Cabernetsierung“ des Geschmacks!

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