Kundenorientierung

Bar jeder Logik – Kundenorientierung bei der Bahn

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Wenn einer eine Reise tut, hat er was zu erzählen. Besonders bizarre Geschichten haben regelmäßig die Bahn-Reisenden zu erzählen. Meine Geschichte von heute geht so:

Nach einem zwölfstündigen Nachtflug von Kapstadt komme ich wohlbehalten und pünktlich kurz nach sechs in Frankfurt an.

Kundenorientierung

Kundenorientierungbei der Bahn – grrr foto:greggoconell/flickr/CC BY 2.0

Die Bahn hat bei ihren Fahrkartenautomaten den Menüpunkt zum Abholen vorbezahlter Rail&Fly Karten wie üblich gut versteckt – es dauert also einen Moment. Gerade als die fünf Koreaner hinter mir beginnen, ungeduldig zu werden, spuckt der Automat nach mehrmaliger Eingabe der neunstelligen „Pickup-Number, wie es im schönsten Bahn-Deutsch heißt, die Fahrkarte aus.

Gönn dir mal die Erste Klasse

Da der Zug von Frankfurt nach Berlin gut voll ist, setze ich mich in die erste Klasse – ich habe ja eine Bahncard 50 first. Der Rechner wird angeworfen, emails gecheckt und Facebook aktualisiert. Gerade als ich mich in die Details unseres gestrigen Besuches bei Solms Delta in Franschhoek vertiefe, kommt die junge Zugbegleiterin. Als geübter Vielfahrer mit Comfort Status denke ich, mich einigermaßen mit den Gepflogenheiten der Bahn auszukennen und bitte um einen „Übergang“ in die erste Klasse.

Wer voll bezahlt, kann auch noch mehr bezahlen

Das sei leider mit meiner Erste Klasse Bahncard nicht möglich, da das Rail&Fly Ticket voll, ohne Ermäßigung bezahlt wurde. Ticket zum Normalpreis und Übergang mit Rabatt geht nicht. Deshalb muss ich dann fürs Upgrade noch einmal 73 Euro bezahlen und Bonus-Punkte gibt es auch nicht, da ja alles ohne Karte zum vollen Tarif gekauft ist.

Die Logik dahinter ist mir nicht ganz klar und die junge Dame kann es mir auch nicht erklären. Das sei eben so. Nur: auf der Hinfahrt hat das mit der Bahncard  anstandslos geklappt  „Da hat die Kollegin etwas falsch gemacht – so geht das nicht“ sagt sie spitz mit der Attitüde der Streberin im Mädchengymnasium „wenden Sie sich doch an den Kundenservice..“

Außerdem müsse sie noch meinen Paß oder Personalausweis sehen, da ich eine Fahrkarte im Wert über 50 Euro mit einer Kreditkarte bezahlen wolle – die Bahncard 50, die mich mit Foto als Bestkunden der Bahn ausweist, könne sie dafür nicht nehmen – ich sei ja jetzt kein Bahncard-Kunde. Es dauert eine Weile, dann sult ihr Maschinchen die Fahrkarte und die anderen Belege heraus.

Das Kopfschütteln der umsitzenden Passagiere ignoriert sie und wünscht mir noch einen guten Tag.

Hier bekommen Sie auf jeden Fall eine Antwort

Mit dem Kundenservice habe ich schon meine Erfahrungen. In Düsseldorf hatte man mir vor Zeiten mit großer Geste die Visitenkarte des zuständigen Ansprechpartners überreicht. „Dort bekommen Sie auf jeden Fall eine Antwort!“ Richtg – die Antwort kam nach 6 Wochen in Form eines Briefes mit dem Hinweis, man könne meinen Brief nicht persönlich beantworten, da man in dieser Sache so viele Briefe bekäme. Ich solle aber versichert sein, dass mein Anliegen ernst genommen werde….Klasse!

Doch zurück zur Fahrt von heute früh: Ein Fahrgast empfiehlt mir, die Belege gut aufzuheben und mich anderenorts noch einmal zu erkundigen – zu Mehdorn-Zeiten habe es eine Untersuchung gegeben, dass 80% der Tarifauskünfte bei der Bahn falsch seien. Er nehme kaum an, dass sich seither viel geändert habe.. Ich werde es noch also noch einmal an anderer Stelle versuchen.

Kundenorientierung – Fehlanzeige – dafür versteckte Preiserhöhungen

Nach wie vor scheint zu gelten: Kundenorientierung ist bei der Bahn Fremdwort  – es herrscht immer noch die obrigkeitsstaatliche Denke eines Monopol-Anbieters und die Schlitzohrigkeit eines Kleinstadt-Krämers. Als im Speisewagen das zweite Heißgetränk ohne einen Hinweis gestrichen wurde und sich viele Gäste beschwerten, weil ihnen niemand gesagt hatte, dass sie ihre zweite Tasse Tee oder Kaffee jetzt zusätzlich zu bezahlen hätten, bekam das Personal den Ärger ab.

Ein anderes Detail ist wahrscheinlich nur Vielfahrern aufgefallen: beim Frühstück im Bordrestaurant wurde zum gleichen Zeitpunkt die zweite Schinken- oder Wurstsorte gestrichen. Machte man sich einmal die Mühe, es nachzurechnen, dürften die kleinen, unauffälligen Optimierungen einer Preiserhöhung im mittleren zweistelligen Bereich gleichgekommen sein.

Noch ein Hinweis für Blog-Kollegen zum Umgang mit der Bahn: besser keine Fotos veröffentlichen – in Zügen, Bahnhöfen und auf Grundstücken der DB darf nur mit schriftlicher Erlaubnis fotografiert werden….

3 Kommentare

  1. Die Vorschrift kenne ich, allein ich halte mich bei meinen Speisewagengeschichten nicht dran.

  2. oh, oh, oh … sehe schon die Schlagzeile vor mir: „Deutscher Weinjournalist von DB auf offener Strecke ausgesetzt – musste 15 Kilometer bis zum nächsten Dorf laufen.“

  3. Aber eigentlich ist die Bahn besser als ihr Ruf.