Discount-Kultur

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foto:adriagarcia/flickr

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Deutschland – einig Discounterland! Wer in der letzten Zeit die Debatte um Wein-Journalismus, Wein- und Gastroführer und den Niedergang der Genuß-Presse verfolgt hat, muß den Eindruck gewinnen: Genuß ist in Deutschland nicht mehr gefragt. Wenn ich mich recht erinnere, läßt Brecht den Lukullus in dem nach ihm benannten Stück sagen, man hüte sich vor Gesellschaften, die keinen Genuß kennen oder ihn unterdrücken.

Da hätten wir uns also vor der jetzigen zu fürchten. Aber da sind ja die Discounter: sie springen in die Bresche, wo Genuß-Päpste und -Medien nicht mehr können! In ihre Arme flüchten sich all jene, die bisher für Genuß zuständig waren, aber ihre Plattformen wie VINUM, ELLE bistrot, WeinGourmet oder Gault Millau im Sturme taumeln sehen. Oder deren Gästezahlen seit einem Jahr krisenbedingt mehr oder minder von der Schwindsucht befallen sind.

Oder sind die Winzer, die jetzt für Aldi schaffen und die Köche, die für Lidl auftischen einfach nur Realisten, die sich daran orientieren, wo es auch in Zeiten der Krise noch etwas zu verdienen gibt? Sind das diejenigen, denen eine Discount-Kultur lieber ist, als gar keine?

Absatz und Umsatz müssen stimmen. Ja klar. Aber bitte keine falschen Signale a la: VDP und Sterne gibts beim Discounter (siehe Werbung Aldi für Blankenhorn-Wein). Der Verbraucher ist ja nicht blöd (frei nach Media Markt) und denkt weiter: bisher habe ich dafür wohl  zuviel bezahlt. Werde ich da beim Weingut oder beim Fachhandel nicht regelmäßig abgezogen?  Das wäre fatal!

Fatal wäre auch, wenn die Akteure augenzwinkerd durchblicken liessen, daß sie auch nicht blöd sind und die Discounterei sowieso nur die zweite Wahl für’s Billig-Volk ist. Und: Was soll ich denn als Sterne-Gast denken, der teuer bezahlt? Niemand glaubt wirklich, daß im Schloßrestaurant mit Produkten von Lidl gekocht wird. Oder?

Wo ist das Langfrist-Marketing geblieben? Schnelle Schüsse in harten Zeiten sind schon oft daneben gegangen.

Man darf ja auch mal enttäuscht sein?! Andererseits freue ich mich, daß Aldi mit einem einzigen Bio Côtes-du-Rhône mehr verkauft, als wahrscheinlich die ganze Bio-Branche zusammen. Weil da etwas geht und die Chance besteht, daß viele Verbraucher von ihren Bio-Vorurteilen geheilt werden.

Trotzdem: das mit der Discount-Kultur gefällt mir nicht. Wie sagte RaboBank Foodanalyst Arend Heijbroek im Gespräch beim Wein-Blogger Roundtable in Hamburg: „Deutschland gehört Lidl und Aldi. Da machen alle internationalen Anbieter ein großen Bogen drum herum, wenn sie können. Dort bekommen sie den schlechtesten Preis für ihr Produkt.“ Und liefern  entsprechende Qualität, wenn sie liefern müssen, um im Geschäft zu bleiben. Allen Beteuerungen zum Trotz. Wer Discount-Preise will, muss mit Discount-Kultur leben!

6 Kommentare

  1. In Frankreich hat sich gerade Jean-Pierre Coffe, lange Zeit der Pabst für authentische und regionale Produkte in den Medien, mit einer Werbekampagne für den hard discounter Leader Price hervorgetan und damit wohl sein Image in den Medien nachhaltig beschädigt … ob es dann den Verkaufszahlen für seine „billig Preis Kits“ dort Abbruch tun wird, bleibt noch abzuwarten….

  2. ja, ich denke das es für diese Köche schon ums Geld geht was angeboten wird, bedenke man z.Bsp. das Horst Lichter für Maggi wirbt, glaube ich kaum das er diese Produkte für seine Küche einsetzt. Was die Winzer betrifft, sehe ich diese in einer auswegslosen Krise die Absätze brechen weg, keine neuen Perspektiven und wenn sich ein bekannter Discounter dann anbietet, pfeift man eben aufs Image, Hauptsache es kommt etwas Kohle rein. Gerechtfertigte Preise ab Weingut für Ihre Weine können Sie dann eben nicht mehr durchsetzen, sie haben das Aldiimage weg und das ist eben billig billig billig, so sehe ich das. Zu der Bio Wein Geschichte hatte ich mich ja schon im Blog bei Herrn Günther http://www.weinverkostungen.de geäußert was man aber doch aus irgendwelchen Gründen nicht nicht öffentlich gemacht bzw. vielleicht auch vergessen hat. Wer wirklich glaubt das man Weine zu Preisen 1,99 € , 2,49 € oder auch 3,49 € aus ökologischem Anbau bekommt, der irrt gewaltig. Soviele Bioproduzenten sind gar nicht am Markt die auch noch zusätzlich den Discountermarkt vollständig abdecken könnten. Solange es keine klare gesetzliche Regelung für echte Bioprodukte gibt, wie es bsw. Demeter macht, kann der Handel nach Lust und Laune schalten und walten und so seine angeblichen Bioprodukte meist auch zu überteuerten Preisen dem Verbraucher das Geld aus der Tasche ziehen. Dem Beispiel des Cotes du Rhone nach scheint es ja noch gut zu klappen den meisten Verbrauchern ein X für ein U vorzumachen. Werden wir nicht doch schon genug verarscht allein durch diese Lebensmittelimitate ? Schon schade dieser Lug und Trug, aber hier mal ein Link für diejenigen die sich für eine Liste der Lebensmittelimitate interessieren http://www.vzhh.de/ und bei Suche Lebensmittelimitate eingeben.

    • @Klaus Ruckmich

      ich möchte hier nicht die Diskussion anfangen, was ist bio und was nicht. Da ich die Wege des Bio-Côtes-du-Rhône bei Aldi ganz gut kenne, kann ich sagen, dass er schon die Kriterien erfüllt. Traurig macht es mich aber doch, daß nicht Dennree oder Weiling oder wer auch immer, der sich für eine neue Beziehung zu unseren Lebensmitteln einsetzt, den Wein verkauft. Ebenso wie für Roys Weine, die eben nicht über den Fachhandel laufen.

      Ich habe den Wein heute probiert. OK. Mehr nicht. Und mehr kann (und darf) man nicht erwarten, wenn alles mit rechten Dingen zugeht. Übrigens mit VDP Kapsel: 6,99 €. Heute sagte mir jemand: Ist doch schön, wenn ich für zwei zusätzliche Durchgänge 3.000 Euro mehr bekomme. Da sag ich nicht nein. Ich bin doch nicht blöd.

      Genau. Und deshalb findet Essen und Trinken beim Discounter statt. Der Brecht würde heute vielleicht sagen: man hüte sich vor den Ländern, in denen Schweineschnitzel billiger ist als Hundefutter. Für mich ein klares Zeichen von Discount-Kultur.

  3. @ Michael W. Pleitgen betr. Ihr Kommentar #Genau an diesem Punkt bin ich genau derselben Meinung# Traurig macht es mich aber doch, daß nicht Dennree oder Weiling oder wer auch immer, der sich für eine neue Beziehung zu unseren Lebensmitteln einsetzt, den Wein verkauft. Ebenso wie für Roys Weine, die eben nicht über den Fachhandel laufen.

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