„Gerade gestern war der Kontrolleur im Haus“ sagte ein Händler bei unserer kleinen Umfrage zum Thema Qualitätssicherung im Weinhandel. Wir wollten von den Händlern wissen, ob sie dafür gerüstet sind, sollte einmal etwas wie EHEC beim Wein passieren.
Wein gehört nicht zu den mit hohem Risiko eingestuften Lebensmitteln wie zum Beispiel Frischfleisch oder Milch. Nichtsdestotrotz gibt es hin und wieder Probleme: dabei handelt es in den seltensten Fällen um Bakterien, öfter sind Probleme bei der Abfüllung, wie im Uralt-Beispiel aus dem Spiegel. Verursacher kann es viele geben: Rückstände vom Flaschenspülmittel oder eine defekte Schwefelpumpe.
Gäbe es also ein Problem – die meisten Händler müßten dann anfangen zu suchen. Was steht noch im Lager oder im Laden? Was wurde an wen verkauft? Zwar muß jede einzelne Flasche mit einer Losnummer versehen sein (bei deutschen Weinen darf es ersatzweise die amtliche Prüfnummer sein), aber in den wenigsten Warenwirtschafts- oder Kassen-Systemen wird diese Nummer mitgeführt.
Wärend der Winzer oder Abfüller verpflichtet ist, einen lückenlosen Nachweis nicht nur über den Wein, seine Herkunft und seine Zusammensetzung zu führen sondern auch über die Flaschen, Korken, Etiketten und Verpackungsmaterialien, gibt es für den Händler kein Gesetz, dass dies zwingend vorschreibt. Die Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit der Ware hat zwar Eingang in die gute kaufmännische Praxis gefunden, Form, Inhalt und Umsetzung ist aber nicht festgeschrieben.
So haben dann auch die allerwenigsten Händler ein schriftliches Konzept zu Qualitätssicherung. Weine läßt man nur in Ausnahmefällen analysieren – ein eigenes Labor ist die absolute Ausnahme. Nirgendwo ist definiert, was mit einer sechs Jahre alte Flasche Beaujolais Primeur zu passieren hat. Die wäre im Übrigen bereits ein Fall für eine offizielle Beanstandung durch die Weinkontrolle.
Die Wein- und Lebensmittelkontrolle wünscht sich, daß es mehr solche freiwilligen Qualitätssicherungs-Konzepte gäbe, das geht aus diesem Bremer Merkblatt (pdf) hervor. Solche Konzepte würden für alle Beteiligten dauerhaft mehr Sicherheit bringen und im Ernstfall, wenn es schnell gehen muss, die Arbeit erleichtern.
Sollte der Ernst-Fall tatsächlich einmal eintreten, zeigt ein schriftliches Konzept auch , daß man sich beizeiten mit dem Problem auseinandergesetzt und Vorsorge getroffen hat – daß macht vor Gericht einen besseren Eindruck, als wenn man garnichts in der Hand hat.
Beispiele an denen man sich orientieren kann: IFS für Großhandelsbetriebe , den Schriften des HDE oder Merkblatt für Naturkosthändler, wenn man es alternativ mag.
8. Juni 2011 um 17:21
Als Weinhändler kann ich dazu nur sagen, dass ich jederzeit eine 100%-ige Rückverfolgbarkeit der Weine meines Sortiments gewährleisten kann. Ich denke, dass dies auch bei fast allen anderen so sein wird.
8. Juni 2011 um 18:10
@ Biovinum Mit einem kleinen Sortiment ist das auch noch „von Hand“ machbar.
Die meisten (auch größere) Weinhändler müssen tatsächlich hingehen und nachschauen!
Ein weiteres Problem sind die AP- Nummern: gerade kleine und mittlere Betriebe füllen oft in einer Charge ab und da ist dann im Falle ein ganzer Jahrgang vom Rückruf betroffen – ein Punkt den man vorher bedenken sollte.
8. Juni 2011 um 21:09
Rückverfolgbarkeit? Hinsichtlich der Lieferkette möglich, aber zum Kunden? Ich verkaufe bisher nur die wenigsten Weine über Rechnung/Lieferung. Bei den Barverkäufe (ca. 95 Prozent) ist das für mich nicht möglich. Selbst die AP-Nummern zu erfassen, dürfte sehr sehr aufwendig und damit auch teuer sein. Aber ich werde mir mal die Links genauer ansehen. Vielen Dank Herr Pleitgen.
Schöne Grüße
Andreas Römer
RÖMER – Weine – Destillate – Feine Kost
http://www.feinkost-roemer.de
8. Juni 2011 um 21:15
@ Andreas Römer Zum Endverbraucher ist der Nachweis nicht machbar – wäre aber gut zu wissen, was man tatsächlich in welchem Zeitraum verkauft hat. Die meisten kleinen Warenwirtschaftsysteme / Datenkassen sind nicht auf die Bedürfnisse des Weinhandels ausgelegt. Manche behelfen sich, indem sie für jede Losnummer / jeden Jahrgang eine neue Artikelnummer anlegen. Erschwert dann das Handling.
8. Juni 2011 um 21:54
Ja klar ist es einfacher bei einem kleineren Sortiment. Aber es gibt auch die Möglichkeit mit der EDV, Barcode etc. solche Rückverfolgung durchzuführen.
Möglich ist es. Der Aufwand ist entscheidend.
9. Juni 2011 um 14:19
AP-Nummern und Barcodes (außer bei Großbetrieben, die Supermärkte versorgen) scheinen mir außerhalb Deutschlands noch nicht verpflichtend zu sein… oder können Sie mich da eines besseren belehren?
und man stelle sich mal vor, irgendwann kommt eine Studie heraus, die den Nachweis bringt, dass Pestizidrückstände und dergl. auf Dauer und in Synergie doch zumindest gesundheitsschädlich, wenn nicht gar krebserregend sind…na ja, das wäre dann ja keine Epidemie, eher so langfristige Spätfolgen, wie nach Tschernobyl… die kann man ja noch statistisch streuen und untern Tisch kehren… aber Schaden würde das in der gesamten Branche sicher auch anrichten…