Düfte können lang verschüttete Erinnerungen, die schon in der Tiefe des Unbewußten verschwunden waren, wieder an die Oberfläche bringen – sie zu fast materieller Wirklichkeit werden lassen. Dieser „Proust-Effekt“ ist nach dem französischen Dichter Marcel Proust benannt, der ihn in seinem Roman „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ beschreibt. Der Duft von Tee und frisch gebackenen Madelaines lassen die Welt um ihn herum versinken und führen ihn unmittelbar in die Ruhe und Geborgenheit seiner Kindheit zurück.
Dieser Effekt ist nicht nur wissenschaftlich belegt – er wird auch in vielfältiger Weise in der Werbung und im Alltag genutzt. Die Beduftung von Läden ist nur ein Beispiel davon. Interessant: Duft hat eine starke soziale Komponente frische Wäsche soll bei uns nach Blumenwiese oder frischer Brise riechen, in den USA darf es auch Moschus oder Vanille sein und Japaner mögen es noch intensiver. Sie fühlen sich auch in einem Laden wohl, in dem es dezent fischig riecht.
Der Geruchsforscher Hans Hatt stellt in seinem Buch „Niemand riecht so gut wie Du“ nicht nur solch skurilen Phänomene vor, er erläutert auch für den Laien verständlich, wie Riechen und Schmecken funktioniert und unseren Alltag bestimmt. Natürlich geht es um Sex und unbewußte Verführung – Hatt hat aber auch ein Kapitel dem Wein und seinem Geruchspionier Emile Peynaud gewidmet. Im Anhang gibt es einen Riechtest „Wie gut kann ich riechen“ und weitere Experimente.
Für Weinnasen ist das Buch sehr gute und verständliche Einführung in die Welt des Riechens. Für Weinverkäufer bietet das Taschenbuch eine Fundgrube an Anekdoten für Verkaufsgespräche und Wein-Seminare.
Titel und Aufmachung des Taschenbuches lasssen es Buchhändler wahrscheinlich spontan in die Esotherik- oder Wellness-Ecke einordnen – dort hat es aber nichts verloren. Im Weinakademie Buchshop finden Sie es hier.
Wer sich für die Geschichte des Duftens und Riechens interessiert, sollte sich unbedingt den Klassiker von Alain Corbin zulegen: „Pesthauch und Blütenduft“ des Sorbonne-Professors aus der Annales-Schule erschien erstmals 1982. Der Wagenbach-Verlag brachte dankenswerterweise 2005 eine Neuauflage heraus, die noch im Handel erhältlich ist. Im Weinakademie Buchshop finden Sie es hier.
16. Februar 2011 um 15:25
Herr Pleitgen,
Ihre Tipps sind immer super, vielen Dank!
Herzliche Grüße
Christian Geling
16. Februar 2011 um 21:48
Klingt interessant, kannte ich noch nicht. Danke für den Tipp und schauen wir mal auf der ProWein, ob wir uns riechen können ;-)
17. Februar 2011 um 09:25
Schon bestellt, vielen Dank für den guten Tip, Herr Pleitgen!
21. Februar 2011 um 08:08
Das liest sich sehr interessant – danke für den Hinweis. Ich denke, dass ich mir das auch mal bestellen werde.