Wein am Automaten ziehen – das soll es bald im US-Staat Pennsylvanien geben. Die ersten Test-Maschinen sollen in den nächsten Monaten in Betrieb gehen. Der Hintergrund: Pennsylvanien und Utah sind die letzten beiden Staaten, in denen es Wein ausschließlich in den staatlich geführten Liquor-Stores gibt. In 11 anderen Staaten gibt es ein System von privatem Verkauf und staatlicher Kontrolle, während es in den restlichen US-Staaten von Lizenzen für den Weinverkauf bis zu totaler Freigabe geht.
Es sind unter anderem solche Bestimmungen, die es für ausländische Lieferanten, aber auch für Winzer aus den USA selbst, so schwierig machen, national distribuiert zu sein. Seit Jahren gibt es in den einzelnen Staaten heftige Diskussionen um die Änderung dieser Gesetze und Verordnungen. Newsletter und Info-Seiten berichten regelmäßig über den neuesten Stand. Folgt man den Diskussionen, stößt man oft auf interessante Koalitionen von Alkohol-Gegnern, für die jede Liberalisierung natürlich in Sodom und Gomorrah endet, und Handelsverbänden, denen die restriktiven Bestimmungen bislang den Wettbewerb fernhielten.
Doch zurück zu den Wein-Automaten: da es nach wie vor eine starke Anti-Alkohol-Bewegung in Pennsylvanien gibt und der Staat den Lebensmittelhändlern das verantwortungsvolle Wein-Verkaufen nicht zutraut, sollen jetzt in den Läden Automaten aufgestellt werden, die staatlicherseits kontrolliert werden. Um dort eine Flasche ziehen zu dürfen, muß man seinen Führerschein checken lassen, das Bild des Führerscheins wird mit dem Bild einer Überwachungskamera am Automaten abgeglichen, dann muß man sich einem Alkohol-Test unterziehen, indem man „ins Röhrchen“ pustet. Sollten Führerschein und Kamerabild nicht übereinstimmen oder das Limit von 0,5 überschritten sein, wird der Kauf-Vorgang abgebrochen und der Vorfall dokumentiert, wie das auch bei einer falschen Kreditkarte passiert. Barzahlung ist ausgeschlossen.
Wie bei jedem System gibts natürlich auch hier wieder Schwachstellen, auf die bereits von Befürwortern und Gegnern hingewiesen wird. Außerdem wird es an den Automaten aus Kapazitätsgründen nur eine geringe Auswahl an Weinen geben. Beides trägt nicht zu einem bewußten Umgang mit dem Produkt hin, sondern dokumentiert das Mißtrauen in die Bürger.
Was macht den Fall Pennsylvanien erwähnenswert? Er zeigt, wie tief das Prinzip „Mißtrauen und Kontrolle“ verankert ist und zu welch bizarren Auswüchsen es kommen kann, wenn auf „mündige Bürger“ umgestellt werden soll. Zum zweiten wirft er die Frage auf, wie weit wir eigentlich vom Automaten entfernt sind?
Nach den „Bätzing-Jahren“ ging ein Aufatmen durch die Branche: mit Schwarz-Gelb wird alles anders. Mitnichten: am 15.Dezember letzten Jahres fordert die neue Drogenbeauftragte der Bundesregierung Mechthild Dyckmans eine Ausweispflicht für bis zu 25 jährige Alkohol-Käufer. Viele Tankstellen praktizierten dies bereits freiwillig, so Dykmans in ihrer Presse-Erklärung.
Sollte sich Dykmans auch vom Prinzip „Mißtrauen und Kontrolle“ leiten lassen, wären Automaten à la USA doch eine gute Idee!
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