Wein im Web 2.0: lieber zugucken – viele trauen sich nicht

| 8.670 mal gelesen |

Über die Hälfte der Weinfreunde im Web würde gerne aktiv Weine bewerten oder ihre Erfahrungsberichte dazu ins Netz stellen. Das dokumentieren die ersten Ergebnisse der Online-Befragung von Miriam Lemke von der FH Burgenland. Wir hatten Ende Juli zusammen mit Wein-Blogger-Kollegen zu einer Teilnahme an der Befragung aufgerufen.

Aktive Beteiligung im Web 2.0 - Punkte vergeben: ja, diskutieren: eher weniger

Aktive Beteiligung im Web 2.0 - Punkte vergeben: ja, diskutieren: eher weniger

Bei der aktiven Beteiligung der Weinfreunde im Web 2.0 gibt es allerdings einige Hürden:  auf die Frage nach Beratungshilfen im Netz, die sie gerne nutzen, antworteten 66% der Befragten, Weinbeschreibungen seien sehr hilfreich, 55% informieren sich in Erfahrungsberichten anderer User. Aber nur 29% sehen in Diskussionen eine Hilfe. Diskussionen verlangen ein hohes Involvement: ich muss zuerst mitlesen, dann vorsichtig einsteigen und gebe mit meinem Beitrag auch noch etwas von mir preis, muss mich vielleicht der Kritik von „Experten“ ausetzen. Das hält viele User nicht nur von Diskussionen ab, sondern erklärt auch, warum Bewertungs-Seiten (noch) nicht funktionieren.

Andererseits könnte es interessant sein, sich als Hersteller oder Händler Gedanken zu machen, wie ich Möglichkeiten für wenig zeit- und arbeitsintensive Beteiligung der User kreiere und ihnen gleichzeitig die Angst nehme. Denn über 70% der Weinfreunde im Netz lassen sich mehr oder minder oft durch die Kommentare anderer User beeinflussen. Da ist jemand, der hat den Wein schon tatsächlich getrunken, der war in der gleichen Lage wie ich.  Das kann die zusätzliche Information sein, die mich nach dem Studium der einschlägigen Führer und Webseiten tatsächlich zum Kauf veranlasst.

Über 70% Lassen sich durch andere Meinungen beim Kauf beeinflussen

Über 70% orientieren sich beim Kauf an den Kommentaren anderer User

Es gibt noch ein anderes zunächst paradox erscheinendes Ergebnis in der Befragung: 72% der Online-Weinfreunde informieren sich im Netz vor einem Kauf, aber nur 53% kaufen dort auch. Miriam Lemke ist dem nachgegangen: auch Web-affinen Weinfreunden ist der Kauf über das Netz zu unpersönlich, das persönliche Gespräch wird vermisst, es fehlt die Möglichkeit, die Flasche in die Hand zu nehmen und den Wein zu probieren. Außerdem möchten die meisten den Wein direkt mit nach Hause nehmen. Nichts wirklich Neues: aus dem Handel wissen wir, daß ein Großteil der im Fachhandel gekauften Flaschen das nächste Wochenende nicht übersteht, die ersten werden direkt nachdem der Kunde zu Hause ankommt, geöffnet. Da bricht der Jäger und Sammler durch!

Entsprechend ist auch Bekanntheit und Nutzung von Internet-Anbietern: 42% haben schon mal über das Netz direkt beim Winzer gekauft. Das ist bei weitem der höchste Wert. Mit deutlichem Abstand (10%) folgen HAWESKO und Ebay, alle anderen Nennungen liegen im niedrigen einstelligen Bereich. Die Winzer sollten das Netz also unbedingt als Vertriebskanal nutzen!

Wo informieren sich die Weinfreunde im Netz? Die Mehrzahl ist regelmäßig bei Facebook, Twitter und Xing unterwegs. Die XING Weingruppen haben allerdings keinen hohen Stellenwert bei den Befragten. Mit zum Teil deutlich über 20% werden täglich oder zumindest wöchentlich die Seiten von drinktank, Würtz und Nikos Wein- und Genußwelten aufgesucht. Zwischen 10 – 20 % besuchen genauso regelmäßig Weinakademie Berlin, TVINO und Weinverkostungen.de.

An der Befragung beteiligten sich 486 Weinfreunde, die im Web unterwegs sind. Wie nicht anders zu erwarten, ist die Mehrzahl männlich (63%). Das entspricht genauso wie die Verteilung bei Alter, Bildung und Einkommen dem Durchschnitt der Web-Nutzer.

Fazit: Potential ist sowohl für Erzeuger als auch für Händler da, zumal wenn man davon ausgeht, daß die Intensiv-Web-Nutzer auch in ihrem Umfeld zu Meinungsführen gehören. Es kommt darauf an, dieses Potenzial zu nutzen. Miriam Lemke wird weitere Ergbnisse der Studie aller Voraussicht nach bei der Intervitis in Stuttgart vorstellen.

3 Kommentare

  1. Da hat also auch 10maliges Teilnehmen nicht genutzt, um die Anzahl der weiblichen Teilnehmer signifikant zu erhöhen ;-).

  2. Pingback: Studie zu Wein im Web 2.0

  3. Vielen Dank für die Studie.

    Ich persönlich nutze immer gerne Kommentare egal in welchem Shop ob Buch oder Wein um mehr über das Produkt zu erfahren als was die Beschreibung erzählt.