Wein Online: Alternative zu Print Medien?

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In der Wein-Blogger Szene wird häufig geklagt, dass die Weinwirtschaft die Wein-Online-Medien zuwenig wahrnehme. Selbst die Betreiber des größten deutschen Wein-Portals sehen ihre Degustations-Arbeit und ihre journalistischen Bemühungen nicht genug gewürdigt. Sterne, Messer, Gabeln, Mützen oder sonstige in Zeitschriften und Büchern aufgeführten Symbole würden in Katalogen, Preislisten und in der Werbung genutzt, aber die Online-Bewertungen interessiere weder Erzeuger noch Händler.

foto:David Boyle in DC/flickr

foto:David Boyle in DC/flickr

Fakt ist: die Verkaufszahlen der führenden Print-Magazine stagnieren seit Jahren, zum Teil sind sie rückläufig, die Zahl der Abonnenten ist bei fast allen im Minus, wie ein Blick auf die neuesten Zahlen bestätigt. Auf der anderen Seite steigen die Besucherzahlen der Online-Medien im Wein kontinuierlich.

Print und online lassen sich schwer vergleichen. Zu unterschiedlich sind die Messverfahren. Seriöse Schätzungen gehen jedoch davon aus, dass seit Ende 2007 die Zahl der erreichten wein-interessierten Personen im Online Bereich das Niveau der Magazine erreicht hat. Fast jede Woche entstehen neue Wein-Webseiten, Blogs und Video-Portale, die ihre Leser und Zuschauer finden. Die Zugriffszahlen steigen weiter, wie Mario Scheuermann kürzlich für den Blog-Bereich ermittelte. Ende 2008 dürften die Online-Medien führend sein, wenn es um Weininformation geht.

Bei den Seminaren zum Thema „Mailing und Newsletter/Online-Marketing“ ist immer wieder festzustellen, dass die aktuellen Zahlen und Entwicklungen vollkommen unbekannt sind. Staunend schauen Winzer und Händler auf die Auflagenentwicklung und die IVW Zahlen.  Die eigenen Online-Aktivitäten reduzieren sich meist auf einen Standalone-Shop und die Erfolgsstories, wie die von Stormhoek oder Gary Vaynerchuk’s „Wine Library TV“ kennt man nicht. Aufklärung tut not! Manchmal hilft auch, einmal in andere Branchen zu schauen: gar nicht so weit weg vom Wein ist da zum Beispiel Kirstin Walther aus Arnsdorf in Sachsen, die mit ihrem Saftblog nicht nur die Aronia-Beere zum Star gemacht hat, sondern auch für ihren Betrieb eine Perspektive gefunden hat, sich von anderen Saftkeltereien deutlich abzuheben.

Hier soll nicht in das Lamento vom Untergang der Print-Medien eingestimmt werden, aber auch bei der Buchmesse vor einigen Wochen waren neue Weinbücher rar. Das scheint Hand in Hand zu gehen mit dem Niedergang der Koch-Literatur, der trotz der Erfolge auch der x-ten TV-Koch-Show unaufhaltsam scheint.

Die Kunden gucken heute schon da, wo die Branche noch gar nicht hinschaut! Und machen sogar aktiv mit! Die Branche hat es nur noch nicht gemerkt!

foto:tobiastoft/flickr

foto:tobiastoft/flickr

Jedes Medium hat seine eigenen Gesetze und damit seine eigenen Leser/User.  Der Satz, dass das Medium selbst Teil seiner Botschaft ist, stimmt heute mehr denn je.  Ein Modell für eine erfolgreiche Ko-Exsistenz oder Symbiose, die in einem Titel Tagesaktualität mit dauerhaft archivierter Information und Meinung verbindet, gibt es in Deutschland noch nicht. Auch hier kann ein Blick über Grenzen helfen:  Decanter oder Wine Enthusiast können Beispiele sein. Wir dürfen gespannt sein, welcher Verlag in Deutschland als erster die Zeichen der Zeit versteht.

PS Der nächste Workshop zum Thema Mailing Newsletter/Online-Marketing findet in Berlin am 9.02.2009 statt. Er ist vor allem für Weinhändler geeignet.

3 Kommentare

  1. Ich sehe vieles ähnlich. Man kann Weinbloggs oder andere Weinmedien im Netz nicht hochjubeln oder niederschreiben. Was mir auch wichtig ist: Online verdrängt nicht nur Print. Es wird weiterhin im Wein-Printbereich wichtige Funktionen. Gleichzeitig bringt Online auch neue Möglichkeiten. Ich vermute, dass es da bald auch einen Run von größeren Firmen geben. Zum Teil wahrscheinlich mit überzogenen Erwartungen.

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