Blindprobe am Computer

Wie kontrolliert der Fachhandel die Qualität seiner Weine?

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So eine Weinprämierung bietet die Gelegenheit, in zwei Tagen siebzig bis achtzig Weine zusammen mit Fachkollegen zu verkosten. Die Blindverkostung findet in einer fast klinischen Atmosphäre statt. An der Internationalen Weinprämierung in Zürich nehme ich seit Jahren gerne teil, weil hier nur Weine angestellt werden dürfen, die tatsächlich im Handel vertreten sind. Da bekommt man einen Eindruck, was aktuell in den Regalen des Handels zu finden ist.

Blindprobe am Computer

Expovina Arbeitsplatz foto:mpleitgen

Manchmal fragt man sich, warum Händler bei einer Prämierung Weine einreichen, die fehlerhaft oder offensichtlich nicht in Ordnung sind? Wer kommt auf die Idee, überreife, oxidierte oder mit Essigstich behaftetete Weine anzustellen – eventuell noch in der Hoffnung auf eine Medaille?

Alle diese Weine werden verkauft – irgend jemand trinkt sie dann wirklich!

Man kann sich in Fehler „eintrinken“

Immer wieder kann man feststellen, daß gerade kleine Fachhändler einen ganz bestimmten Stil von Weinen anbieten: wie bei manchem Winzer, kann man auch bei manchem Händler einen durchgängigen „Hauston“ in den Weinen bemerken. Der eine mag die Säure, der andere steht auf trocknenden Tanninen, eine dritten stört ein hoher Gehalt an flüchtiger Säure oder Brettanomyces nicht.

Das ist einerseits nicht schlimm – wenn der Händler Kunden für diese Weine findet. Andererseits kann man sich in eine solche Richtung „eintrinken“ und rutscht dann mehr und mehr in einen Fehler hinein, ohne die Chance, es zu merken. Die Erfahrung zeigt leider, dass viele Winzer und auch Händler nur ihre eigenen Weine probieren – da besteht wenig Möglichkeit zum Lernen.

Systematische Kontrolle notwendig

Das alles wirft die Frage auf, wie der Fachhandel die Qualität seiner Weine kontrolliert. Nur die allerwenigsten Händler, auch die großen, haben ein eigenes Labor oder lassen ihre Weine regelmäßig von einem unabhängigen Dienstleister monitoren. Leider ist eine lückenlose Kontrolle, so wie sie zum Beispiel Jacques‘ Wein-Depot betreibt,  noch nicht die Regel.

Die meisten verlassen sich wohl auf ihre eigene Nase und auf ihre Vorlieferanten. Aber auch hier wäre einmal interessant, zu wissen, wie verbreitet bei den Fachhändlern das Wissen um Zertifikate wie IFS Food, IFS Broker, BRC oder Ecocert ist.

Es ist zu vermuten, dass beim Thema Qualitätskontrolle im Wein-Fachhandel in der Breite noch viel Nachholbedarf besteht. Die eingangs erwähnten Horror-Bouteillen können ein Indiz dafür sein.

2 Kommentare

  1. Hallo Herr Pleitgen,
    ich kann Ihrem Artikel nur beipflichten.
    Viele kleine Fachhändler machen halt ihr Hobby zum Beruf, ohne das die dafür nötige Weinkompetenz vorhanden ist.
    Entweder sie verlassen sich im Einkauf dann den üblichen Führern (mit deren Vorlieben) oder auf die eigene Nase.
    Ein guter Fachhändler bildet sich fott und verschafft sich eigene Verkostungskompetenz. (z.B. WSET etc)

    Ob IFS, BRC und Co. wirklich von Interesse für den Fachhandel sind, da bin ich eher skeptisch. Zum einen scheuen gerade Weingüter diesen Aufwand und mit diesen Weinen kann sich der Fachhandel profilieren, andererseits sind IFS und Co auch in den betroffenen Betrieben wegen des bürokratischen Aufwandes und der Zweifelhaftigkeit des qualitätssichernden Faktors mancher dokumentierter Dinge höchst umstritten und werden als notwendiges Übel gesehen, um bei Lebensmittelketten liefern zu können.
    An den Zertifikaten verdient sich eine Horde von Auditoren eine goldene Nase.
    Sicherlich gut ist es, wenn Fachhändler zumindest wissen, was diese Zertifikate beinhalten und welche davon für die Weinqualität hilfreich sind.
    Diese sind m.E. weniger ISO, IFS, BRC oder Ähnliche, welche vor allem Produktionsstandards dokumentieren, ob diese zu Qualität führen oder nicht.. Auch die Zugehörigkeit zu Verbänden wie VDP, Ecovin etc. stellt keine Qualitätsgarantie dar, sondern eher die vielgeschmähten Gütezeichen, Prämierungen, OIV-konforme Weinwettbewerbe etc können als Qualitätsorientierung dienen. Geschmäht werden diese interessanterweise gerade von denen, welche sich ihren Lebensunterhalt durch ihre eigenen Weinempfehlungen verdienen.

    Viele Grüsse

    Hans-Peter Decker

    Hans-Peter Decker

  2. Diese Problematik der kleineren Fachhändler kann ich sehr gut nachvollziehen (arbeite selbst zeitweise für ein neu gegründetes Weinfachgeschäft). Weitere Aspekte der geschilderten Problematik sind: Bei einem größeren Sortiment und kleiner Belegschaft fehlt sogar gelegentlich die Zeit, jeden einzelnen Wein und Jahrgang sorgfältig vorzuverkosten. Zum zweiten werden immer wieder auch Weine von Weingütern „mitgekauft”, die gegenüber den besten Weinen dieser Produzenten deutlich abfallen oder ggf. nur „Me-too-Produkte” des jeweiligen Winzers sind. Es ist zwar logistisch, ökonomisch (Mengen!) und auch aus Sicht der Lieferantenbeziehung oft nicht einfach, die wirklich guten Weine aus dem Sortiment herauszupicken bzw. zu bekommen, aber meiner Meinung nach ist der Schaden in der Beziehung zum Endkunden nicht zu unterschätzen, wenn die „nicht so guten Weinen” eines Weinguts im gleichen Tenor mit angepriesen werden (müssen).

    Beste Grüße aus Köln!