Winzer- und Weinguts-Seiten im Netz: die Kunden kommen nicht vor

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Wein Konsumenten sind selbstbewußter

Wein Konsumenten sind selbstbewußter geworden foto:The Gifted Photographer/flickr

Schaut man Winzer- und Weinguts-Seiten im Netz durch, fällt auf: die Kunden kommen kaum vor, nur in seltenen Fällen werden sie direkt angesprochen. Das ist ein Fehler.

Die Verbraucher sind selbstbewußter geworden. „Jetzt sind wir dabei, zur wirklichen Weinkultur vorzustossen“ schrieb vor einigen Tagen Brad Haskel in der Huffington Post. Die Prestige-Weine mag kaufen wer will, in der Krise haben die Kunden gelernt, daß auch preiswertere Weine schmecken, schreibt er weiter. Das dürfte nicht nur für Amerika zutreffen, sondern auch für unseren Markt.

Unter fortgeschrittenen Weinfreunden diskutiert man über Premium, fünf Euro oder die Qualität erster Lagen. Ziemlich elitär: das es so etwas wie den Liv-Ex gibt, dürfte den meisten Weinkäufern gar nicht bekannt sein. Sie haben mit dem Auf und Ab dort nichts zu tun. Auch für die meisten  Kunden des Fachhandels ist es einfach wichtig, ob das, was sie sich leisten können, ihnen schmeckt oder nicht.

Und dabei verlassen sie sich immer weniger auf Parker, Gault-Millau und Co meint Haskel. Darüber sind sie hinaus. Ihre Informanten sind andere Verbraucher im Internet, ihr lokaler Weinhändler oder der Sommelier ihres Lieblingslokals. Vertrauenswürdige Personen aus ihrer Umgebung. Die Institutionen haben an Boden verloren: ein beredtes Beispiel sind die sinkenden Auflgen der Weinmagazine. Harte Information und gute Preise heissen die aktuellen Trumpfkarten.

„The world of wine is wide open“, meint Haskel. Und das stimmt. Für denjenigen, der bereit ist seine Informationen mit den Kunden zu teilen und sein Angebot detailliert darzustellen. Die Verbraucher sind nicht nur selbstständiger geworden, sie sind im gleichen Maße auch anspruchsvoller geworden.

Auf das Internet übertragen: sie erwarten eine professionelle Darstellung, ein einfaches Handling und sie möchten eine Person im Vordergrund sehen:  SICH SELBST. Es ist erstaunlich, wie wenige, der in der Endrunde des DWI Wettbewerbes für die beste Winzerwebsite vorgestelleten Seiten, Bezug auf den Kunden nehmen. Ich, ich, ich ….. bin der Größte –  und dann lange nichts. Das langt heute nicht mehr.

15 Kommentare

  1. nun, für den Dialog mit dem Kunden sind ja z.B. die Winzerblogs seit ein paar Jahren eine sehr gute Art der Webkommunikation und Winzer-Webseiten, wie die von Harald Steffens vom Weingut Steffens-Kess, dessen Seite auch im Wettbewerb steht, ist meiner Lektüre und Kundenerfahrung nach ein hervorragendes Beispiel der Verbindung beider Webmedien: der Blog lässt mich am täglichen Leben und der Arbeit des Gutes teilnehmen, ich kann die Entwicklung eines angebotenen Jahrgangs zurückverfolgen, vom Weinberg in den Keller, Fragen werden in den Kommentaren meist prompt beantwortet und auf der Webseite funktioniert der Shop für meine Bestellungen (selbst bis nach Frankreich:-)!) hervorragend.

    Für mich ein sehr positives Gegenbeispiel;-)! Deshalb hat er übrigens auch meine Stimme beim deutschen Winzerwebseitenwettbewerb bekommen.

    • Liebe Iris,

      das Weingut Steffens-Kess ist hier das einzige mit einem Blog, Kloster-Pforta, Danner und Drei sind auf Facebook zu finden. Das ist es dann auch schon mit Social Media und Kunden-Dialog. Schade.

      Bin gespannt: zu unserem Workshop in Heilbronn haben sich eine ganze Reihe Weingüter angemeldet. Vielleicht sieht das dann in einem Jahr anders aus!

  2. Es ist in der Tat erschreckend, wie verschwindend gering die Zahl derjenigen ist, die das web 2.0 nutzen. Warum auch immer, aber die Hemmschwelle scheint groß und der Nutzen wenig erkennbar zu sein…

    • Lieber Dirk,

      sicher verschließt sich den meisten der Nutzen von Social Media. Aber: Welche Anstrengungen unternimmt man, um in Weinzeitschriften zu gelangen, die auch nur von einigen tausend Insidern und den lieben Kollegen gelesen wurden? Die sind doch heute mit einem Blog und einer Facebook-Page viel besser und aktueller zu erreichen!

      Vor allem habe ich in der Hand, was dort steht und brauche mich nicht einem Journalisten anzuvertrauen in der Hoffnung, daß der was Gutes draus macht! Und mit der Öffentlichkeit in Echtzeit diskutieren kann ich auch noch ! Was will ich mehr?!

      Apropos Journalisten: Social Media wird von denen immer mehr als Informationsquelle genutzt. Wir haben ja in der letzten Zeit erlebt, daß selbst hartnäckige Verweigerer jetzt online unterwegs sind! Mir fällt da so der ein oder andere ein, der vom Saulus zum Paulus geworden ist.

  3. Also ich habe auch mal im Internet geschaut und muss der Iris Recht geben. Es gibt tatsächlich mehr Wein-Blogs die interessant sind als drei oder vier. Welche davon gut sind sei dahin gestellt aber fündig wird man allemal.
    Nichtsdestotrotz ist es natürlich auch richtig, dass der Onlinezweig von Winzern und Weingütern etwas stiefmütterlich behandelt wird.
    LG

  4. Es gibt nicht nur mehr als drei oder vier interessante Weinblogs, es gibt auch durchaus interessante Webseiten von Winzern bzw. Weingütern, wobei sich Deutschland auch nicht wirklich hinter seinen Nachbarländern verstecken braucht.

    Schaut man sich aber mal an, wie wenig der „Social“-Aspekt der heutigen Möglichkeiten genutzt wird, und wie wenige twittern, facebooken oder eben im eigenen Blog schreiben, so muss man sich wirklich wundern.

    Das Thema Kunden-Dialog und Neukundengewinnung scheint in der Tat noch nicht bei den meisten Winzern angekommen zu sein, die investieren lieber in teure Messestände…

  5. Nun, ich glaube schon, dass ein Artikel oder eine positive Erwaähnung in einer Weinzeitschrift immer noch mehr Impakt hat, als ein Blogeintrag irgendwo im Netz. Kunden von Weinzeitschriften oder Weinführern verlassen sich sicher lieber auf fertig zusammengestellte Vorschläge bei der Orientierung. Wenn sie dann neugierig geworden sind, können sie – je nach Informationsgewohnheiten, nach aktuelleren Informationen im Internet suchen und/oder bei ihrem Händler nachfragen – aber irgendwo muss die „Grundinformation“ über einen Winzer und seinen Wein erst mal in ihr Blickfeld gelangen.

    Natürlich hat das Web durch seine Möglichkeiten mit Sites, Blogs und Social Media dem noch nicht entdeckten Winzer die Möglichkeit eröffnet, seine Autopromotion ohne Umweg über Journalisten und Werbefachleute selber in die Hand zu nehmen. Wenn er genug Zeit hat und ein gutes Konzept, kann er seine „Botschaft“ dann auch viel authentischer rüberbringen – ob er damit aber über einen immer noch sehr beschränkten Kreis von häufig nur aus beruflichen Gründen im Wein-Netz reisender Profis bekannt wird – und vor allem seinen Absatz beim Weintrinker/Endverbraucher steigert, wage ich noch zu bezweifeln.

    Da glaube ich eher, dass es ihm helfen könnte, wenn über dasWeb dann ein Beiträger zu einem „Leitmedium“ auf ihn aufmerksam wird und es ihm so ermöglicht, einen größerem Interessentenkreis vorgestellt zu werden. Ich kenne die aktuellen Auflagenzahlen der verbliebenen Fachzeitschriften nicht, aber ich gehe schon davon aus, dass sie immer noch bedeutend höher liegen, als die Zugriffszahlen (in echten Einzelbesuchern pro Monat) eines durchschnittlichen Winzerblogs samt Facebook und Twitterfollowern (die sich ja meist personal stark überschneiden).

    Es gehören also insgesamt beide, alte und neue Medien dazu, auf sich aufmerksam zu machen und diese Aufmerksamkeit auch in den Absatzzahlen wieder zu finden.

    Es ist allerdings inzwischen wesentlich leichter, schlecht recherchierte oder abgekupferte Beiträge mit Hilfe der Suchmaschinen von echter journalistischer Arbeit zu unterscheiden. Wenn über einen Winzer ein halbes Dutzend mal nur seine Kopfbedeckung, die Orthographie seines Namens und die Grafik seiner Webseite und immer die gleichen Zitate gedruckt werden,ist das ein journalistisches Armutszeugnis (und wäre es auch, wenn es sich bei dem Gedruckten um Netzbeiträge handelte)…

    • Liebe Iris, wie der Dirk Würtz schreibt, passiert wirklich nicht viel, wenn Weine in einer Zeitschrift vorgestellt werden. Für die Reputation ist sicher immer gut, irgendwo positiv erwähnt zu sein.

      Was die Auflagen der Weintitel betrifft: die neuen Zahlen für das 3. Quartal 2010 sind hier http://bit.ly/bqoith nachzulesen.

      Print und online sind nur bedingt zu vergleichen: nimmt man Abo und Verkauf der wichtigsten Titel (Weinwelt, Vinum, Selection und Feinschmecker) zusammen, dann waren das 79.788 Exemplare in den letzten 3 Monaten.

      Die fünf wichtigsten Weinblogs haben in einem Monat 160.600 Besucher (nach Blogoscoop).

      Klar ist, daß man sowohl über die Wein-Zeitschriften als auch über die Blogs im wesentlichen nur die Insider-Kreise erreicht. Da macht es doch auf jeden Fall Sinn, selbst online aktiv zu werden?!

  6. @Iris
    In D gibt es nur wenige Weinzeitschriften, bei denen man durch ein durch Weinempfehlungen messbar hervorgerufenes Ergebnis feststellen kann. Eigentlich nur eine, und das ist der FEINSCHMECKER. Auf der anderen Seite ist eine Kaufreaktion auf online Geschichten eher verhalten…noch… Ich denke mal das wird sich irgendwann ändern

    @Michael
    Ich stelle fest, dass immer mehr Redakteure die Wein-Online-Seiten als schnelle
    Recherche- oder Input-Möglichkeit nutzen. Hier habe ich gerade wieder ein Beispiel gefunden: http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/unreif-in-den-winterschlaf/1965064.html
    Vom Zitat, bis hin zur Überschrift.

  7. Schon jetzt kann man sagen: Der Winzer-Website-Wettbewerb regt zur Diskussion an, auch über unseren Branchentellerrand hinweg. Das ist gut, auch wenn Meinungen in einigen Punkten auseinander gehen (dürfen!).

    Was „social media“ betrifft: Natürlich konnte die Jury nur eingereichte Sites bewerten; darunter waren nur wenige, die soc.media mit abdecken. Wir dürfen allerdings nicht unfair sein: Je nach familiärer Struktur und/oder Personalsituation ist der Zeitfaktor ein kritischer Punkt für viele Erzeuger. Denn nicht jeder hat so flinke Finger wie Dirk Würtz. Gerade dieses Jahr, war ja bekanntlich ein kräfte- und nervenzehrendes.

    Schon im Vorfeld des Wettbewerbs und jetzt um so mehr fällt auf: Es gibt immer mehr Betriebe, die professionelle (&bezahlbare!) Hilfe in Sachen Internet und social media in Anspruch nehmen. Den Wunsch von Michael Pleitgen, den Kunden mehr in den Mittelpunkt zu rücken, z.B. über soc. media Aktivitäten – teile ich. Aber keine Bange, von Jahr zu Jahr kommt mehr Bewegung in die Sache. Auch in diesem interessanten Blog gibt es Anregungen und Denkanstöße dazu. Eines noch: An Kreativität mangelt es den Winzern nicht! Daher: Daumen hoch!

  8. Pingback: bestebioweine.de » Blog Archiv » Publikumswahl des DWI: Die besten Winzer-Websites

  9. Aus eigener Erfahrung ist es sehr schwierig die Kunden dazu zu bewegen, sich auf einer Seite zu äußern. Erst eine neue Generation an Kunden, die erst einmal die Schwellenangst z.B. via Facebook überwunden hat werden sich dann auf den Homepages von Winzerseiten outen. Fordert man diese auf, erhält man meist nur eine Antwort außerhalb der öffentlichkeit z.B. via Email.

    • Glaubhafte Kunden auf den eigenen Seiten auftreten lassen – sozusagen als Botschafter – ist die ganz hohe Schule. Mir ging es darum, daß auf den meisten Seiten der (potenzielle) Kunde als Besucher der Website nicht angesprochen wird. Er kann dort nichts weiter als passiv schauen: keine Anrede, keine Angebote, keine Mitmachmöglichkeit. Das sagt viel über die Betreiber und ihr Verständnis von Kunden-Kommunikation aus.

  10. Ehrlich gesagt, welche CMS bietet diese Gestaltungsmöglichkeit, die man eher in Newsletter, bzw. Kundenbriefe findet.

    Würden sich „Nicht Kunden“ überhaupt registrieren, um dann beim nächsten Besuch anstatt mit „Hallo Gast“ mit einer persönlichen Anrede angesprochen zu werden?

    Ich werde mir diese Sache zu Herze nehmen und bei einer ruhigen Minute in meine Seite mit einem persönlichen Login implementieren.

    Vielen Dank für die Anregungen :-)

  11. Ich spreche meine Leser in vielen Artikeln an – ob sie die eher lesen würden, wenn es eine Funktion mit Namen, wie in den unsäglichen Standartwerbebriefen der Vergangenheit gäbe? Kommentare – auch zu Blogartikeln, finde ich übrigens inzwischen häufiger auf facebook, wo die Arikel ja verlinkt werden. Da geht dann auch oft die Diskussion weiter – vor allem, wenn andere Teilnehmer die Links auf ihrer wall teilen. Es ist eben inzwischen alles vernetzt:-).