Stufenweise abwärts....foto:B Tal/flickr/(CC BY-NC 2.0)

2012 – Preiserhöhungen bremsen Lust auf Wein

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Die Meldung war kurz und knapp gehalten: der Weinabsatz in Deutschland ging 2012 um 2,8% zurück. Gleichzeitig stieg der Umsatz um 1,2 %. Im Klartext: es wurde weniger Wein getrunken und die Käufer mussten dafür mehr bezahlen.

Stufenweise abwärts....foto:B Tal/flickr/(CC BY-NC 2.0)

Stufenweise abwärts….foto:B Tal/flickr/(CC BY-NC 2.0)

Mit diesen Zahlen kann eigentlich niemand wirklich zufrieden sein – auch wenn das Deutsche Weininstitut (DWI) seine Pressemitteilung „Genießer werden anspruchsvoller“ betitelte.

Preiserhöhungen bremsen die Lust auf Wein

Der Grund für die höheren Preise ist nicht, dass die „Genießer“ hochwertiger trinken, sondern dass die Preise ihrer Lieblingsweine – kommen sie nun aus Deutschland oder aus dem Ausland – aufgrund der kleinen Ernten der letzten Jahre gestiegen sind.

Wir wissen, dass die Wein-Käufer auf Preiserhöhungen viel sensibler reagieren, als bei Veränderungen in anderen Food-Kategorien. Im Zweifelsfall kaufen sie gar keinen Wein mehr. Es wäre kein Wunder, wenn also auch 2012 die Zahl der Käuferhaushalte – das sind diejenigen, die regelmäßig Wein kaufen – weiter zurückgegangen wäre. Seit dem Peak 2007 ist sie von über 63% der Haushalte auf 58 % in 2011 gesunken.

Die Branche hat es mit einem stagnierenden beziehungsweise schrumpfenden Markt zu tun. Es wird genauer zu untersuchen sein, ob der Markt über alle Kategorien im Minus ist oder ob einzelne Segmente besonders bertroffen sind.

Expansion im Fachhandel nur noch über Zukauf und Verdrängung

Ein erstes Indiz dafür, das der Weinmarkt in 2012 auch im Bereich „fine wines“ – also im Segment über dem Supermarktniveau – schwieriger geworden ist, lässt sich auch aus den ersten veröffentlichten Firmen-Ergebnissen ablesen. Die gerade herausgekommenen HAWESKO Zahlen zeigen, dass Umsatz-Zuwächse in der Branche bereits jetzt im wesentlichen über Zukäufe, Expansion in neue Geschäftsfelder oder –Kanäle oder durch Verdrängung von Mitbewerbern laufen. Organisches Wachstum war gestern. Ähnliches erfährt man auch von Importeuren und Großhändlern – die sich zur Zeit intensiv nach neuen Kunden in von ihnen bisher nicht bedienten Kanälen umtun.

Unerwartet schwieriges Weihnachtsgeschäft

An der Front selbst – im Handel war das Weihnachtsgeschäft wohl weniger erfolgreich als zunächst angenommen. HAWESKO Chef Margaritoff schreibt von einem „untypischen Verlauf des Weihnachtsgeschäfts“ – das kann wohl als das Ausbleiben der wichtigen Präsentkunden gedeutet werden. Andere Händler berichten, dass 2011er Weihnachtsgeschäft habe sich trotz großer Anstrengungen nicht toppen lassen.

Neben der ungünstigen, kalendarischen Lage der Feiertage habe es eine zum Teil unverständliche Kaufzurückhaltung gegeben. Auch bei den Zahlen von Marktführer Jacques’ bleibt übrigens nach Abzug von Preiserhöhungen ein Umsatz auf Vorjahresniveau – Zuwächse bringen auch hier nur neu eröffnete Depots.

Kosten steigen

Macht man sich jetzt noch bewusst, dass bereits in den letzten Jahren die Aufwendungen für Neukundengewinnung und Kundenbindung immens gestiegen sind – und dass das alles in einem insgesamt positiven wirtschaftlichen Umfeld stattfindet – wird klar, dass dem Weinmarkt und dem Handel die schweren Zeiten erst noch bevor stehen.

Spätestens, wenn die zwischen Erzeugern und Händlern aktuell verhandelten neuen, noch einmal deutlich höheren Preise, am Markt Wirkung zeigen und noch mehr Käufer „von der Fahne gehen“, wird der Kampf um die Kunden richtig entbrennen. Die besten Chancen haben dabei die Systemer und die Multichannel-Anbieter.

Wettbewerb wird härter

Bleibt es bei den rückläufigen Absatzmengen und Käufer-Zahlen, wird die Zukunft durch verschärften Wettbewerb bei steigenden Kosten gekennzeichnet sein. Da hilft es dann auch nichts, dass das DWI sich über eine konstante Absatzmenge freut. Rein rechnerisch ist der Anteil deutscher Wein in einem insgesamt schrumpfenden Markt im Vergleich 2011/2012  sogar um einen Prozentpunkt von 43 auf 44 Prozent gestiegen.

Der Anteil lag in besseren Wein-Zeiten schon viel höher – noch 2010 freute man sich über einen Anteil von 46% und zwei Jahre zuvor kam sogar fast jede zweite Flasche aus heimischer Produktion.

Deutschland ist nach wie vor ein attraktiver Absatzmarkt – bei der PROWEIN werden wir dieses Jahr soviele internationale Austeller sehen, wie nie zuvor. In diesem Umfeld wird es für die deutschen Winzer eine Herausforderung sein, die verlorenengegangengen Regalplätze zurück zu erobern – auch wenn wieder mehr Wein zur Verfügung steht.