Discounter und Wein – da hat doch jeder so seine Vorstellungen und Vorurteile: hauptsächlich ausländische Weine aus Billigländern, Tetrapack oder Literflasche mit deutlicher Restsüsse. Erstaunlich fanden dann letzte Woche die Weinbetriebswirtschafts-Studenten in Heilbronn, was sie tatsächlich zu sehen bekamen!
Den Storecheck hatten wir schon zu Anfang des Semesters vereinbart. Aber wie es so ist: man hat viel zu tun – und von daher wurden die Heilbronner Discounter und Supermärkte schwerpunktmäßig in den letzten beiden Wochen inspiziert. Vielleicht war das auch gut so – nach Einblicken in die Theorie und Praxis des Handels, Diskussionen mit Fachhändlern wie Gerd Rindchen oder den EDEKA-Weinspezialisten Geling und Kutscher ist der Blick auf die Regale bei Aldi und Co vielleicht ein anderer?!
Gute Weine – schlechte Weine oder schmeckt mir / schmeckt mir nicht – das war nicht die Frage bei unserem Storecheck. Wir wollten sehen, wie die Struktur des Angebotes aussieht. Nur das, was angeboten wird, wird auch gekauft. Und umgekehrt – da sind wir von einer großen Rationalität bei den Verantwortlichen im Handel ausgegangen.
Artikelanzahl / Herkunft / Farben
Die Auswertung: bei fast allen Discountern sieht das Angebot ähnlich aus! Es werden im Schnitt 50 – 70 Weine geführt. Das größte Angebot mit über 100 Artikeln gab es bei Netto. Die Überraschung für die Studenten: das Gros der Weine kommt aus Deutschland. Und auch die preiswertesten Weine tragen fast überall deutsche Herkunftsbezeichnungen. Die Ausnahme hier ist Lidl: dafür gibt es hier einen größeren Übersee-Anteil.
Die Herkünfte verteilen sich unterschiedlich: während bei Penny und Netto die Franzosen die Nase vorn haben, sind es bei den anderen die Italiener. Bei Lidl und Norma dominieren die Spanier bei den europäischen Anbietern. Einen nennenswerten Übersee-Anteil haben nur Netto und Lidl.
Der Rotwein-Boom scheint bei den Discountern ungebrochen: bei den Farben liegen die Roten mit 53% in Führung, 35% verteilen sich auf Weiss und 12% auf Rosé. Hier scheint das Angebot exakt der allgemeinen Statistik zu folgen. Die Ausnahme ist wieder Lidl: Rot und Weiss liegen hier gleichauf.
Verpackung / Geschmacksrichtung
Zwei Drittel der Weine werden in der 0,75-ltr-Flasche angeboten, ein Viertel in der Literflasche. Viele der Literflaschen kamen bei unserem Check aus der Region selbst – die Literflasche mit Schraubverschluss hat hier Tradition. Kleinflaschen sind nur ausnahmsweise zu finden. 3-ltr-Bag-in-Box gibt es bei Aldi und bei Lidl. Überall gibt es 2 oder 3 Weine im Tetrapack, meist in der 1,5-ltr-Packung.
Statt der erwarteten Dominanz der halbtrockenen und lieblichen Weine dominierten eindeutig trockene Weine. Außerdem waren fast überall Württemberger Weine zu finden – auch der Discounter spielt also die regionale Karte.
Preis / Präsentation
2 Euro pro Flasche ist eine wichtige Preisschwelle: knapp die Hälfte der Weine liegt unter diesem Preis, ein gutes Drittel liegt zwischen 2 und 3 Euro, weitere 13% liegen zwischen 3 und 4 Euro. Nur einige wenige Ausreißer sind teurer als 4 Euro.
Die Präsentation ist sehr unterschiedlich – es dominieren aufgeschnittene Kartons. Man sieht den Outlets an, ob sich jemand um den Wein kümmert – selbst bei dem sehr übersichtlichen Angebot gab es teilweise mehrere Jahrgänge nebeneinander. Das einheitlichste Bild bot sich bei Lidl, was sicher an der hohen Anzahl der Lidl-eignen Ausstattungen und Kartonagen liegt.
… and the winner is:
Lidl fiel überhaupt etwas aus dem Rahmen. Sortiment und Präsentation machen den Eindruck, als habe man sich sehr intensiv mit dem Thema Wein auseinandergesetzt: eine größere Artikelanzahl als bei den anderen, Portionsflaschen für Single-Haushalte und Rentner. Als einziger bietet Lidl drei Bag-in-Box im Dauer-Sortiment, jeweils 3 Liter für 5,99 Euro. Und auch an die zahlungskräftigeren Kunden ist gedacht: so gibt es zur Zeit einen Priorat Crianza 2007 für 5,99 Euro und einen Ribeira del Duero Crianza 2007 mit 92 Parker-Punkten für 7,99 Euro.
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10. Juli 2016 um 20:48
Hallo zusammen,
ich habe mir besonders den Beitrag Wein in BiB (Bag in Box) durchgelesen! Ich selbst vertreibe jeden Tag BiB’s und zwar in großen Mengen (ca. 10.000 L/Mon.). Und das ist in meiner Branche nicht gerade viel! Nur handelt es hier nicht um Wein, sondern um unsere also geliebte Milch.. Frischmilch und H-Milch! Diese Verpackungsform hat im GH und bei Großverbrauchern schon längst größte Akzeptanz erhalten und ist mittlerweile die gängigste Verpackungsform im 5L und 10L-Gebinde! Hygienisch, Portionierbar, Gute Lagereigenschaften usw.! Wir haben uns an Wein mit Schraubverschluß gewöhnt, dann sollte doch auch Wein im BiB endlich salonfähig werden! Ich finde den Charakter von „Wein aus dem Fuß“, wenn auch aus dem Beutel, sehr angenehm und die Weine sind kein Deut schlechter als Flaschenweine! Also von mir ein klares Daumen hoch für BiB!