Twitter als Verkaufsinstrument – ein Gespräch mit Twitter-Winzer Dirk Würtz

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Der Anstoß für das Interview kam von Mario Scheuermann, der im drinktank etwas über die deutschen „Twitterwinzer“ schrieb. Einer der aktivsten ist Dirk Würtz mit über 1.950 postings ( @wuertz Königsmühle und Weinmann-Würtz, Gau-Odernheim, Rheinhessen – following 595, 586 follower, Twittergrad 97,5, Rank 61.063), der auch als Winzer-Blogger bekannt ist. Ich wollte von ihm wissen, ob Twitter sich als Verkaufsinstrument eignet

Dirk Würtz

Dirk Würtz

Lieber Dirk Würtz, der drinktank hat neulich geschrieben „die Twitterwinzern lassen so etwas wie neue Ansätze in Sachen Marketing und Selbstdarstellung aber auch neue Geschäftsmodellen beim Verkauf erkennen.“ In wie fern eignet sich Twitter fürs Verkaufen?

Twitter ist eine Ergänzung zu den herkömmlichen Verkaufskanälen. Eine durchaus interessante Ergänzung aber keinesfalls die absolute Lösung.

Twitter wird häufig als ein Freizeit- und Kontaktinstrument für Jugendliche angesehen. Warum twittern bei uns so relativ viele Ältere und das auch noch oft fürs Geschäft?

Diesen „Jugendaspekt“ habe ich in dieser Form noch nicht wahrgenommen, im Gegenteil. Die Leute die mir followen und denen ich followe haben fast alle ausnahmslos mit Wein zu tun und sind dementsprechend aus dem Teeniealter raus. Diejenigen, die bei Twitter aktiv sind haben entdeckt, wie einfach es ist über dieses Medium Kontakte zu bekommen, die unter Umständen auch einmal Kunde werden. Das Ganze auch noch gratis. Nebenbei entsteht auch noch ein interessantes Netzwerk. Was will man mehr?

Interessiert es eigentlich wirklich jemanden, wenn der Würtz zum Skat-Abend geht?

Weiss ich nicht, ist mir eigentlich auch egal. Das gehört nun einmal zum Würtz dazu, dass er am Donnerstag Skat spielt. Wer sich im web 2.0 bewegt, muss ein Stück weit gläsern sein. Ich bin der festen Überzeugung, dass zum Würtz 2.0 mehr gehört als nur die Tatsache dass er Wein macht. Da muss auch irgendwie der Mensch dargestellt werden und das eben so authentisch wie möglich.

Was sagen Winzerkollegen über die Twitterwinzer?

Die meisten nehmen das nicht ernst und belächeln das Ganze. Das war vor zehn Jahren aber bei den homepages genauso. Kaum einer hat bisher die Chancen erkannt, die sich hier bieten. Die Leute folgen mir freiwillig, und sind daran interessiert, was ich so tue und von mir gebe. Was soll daran der Nachteil sein? Normalerweise müssen Sie einen Riesenaufwand betreiben um 600 neue Kontakte in Ihre Kundenkartei zu bekommen. Über Twitter läuft das von selbst. Auch wenn nicht alle Kontakte automatisch auch zu Kunden werden. Wer das nicht versteht und kritisiert, dem ist meiner Meinung nach kaum noch zu helfen…

In der Diskussion um den „twitter-sales-day“ meinten viele, Twitter sei eine Modeerscheinung ohne große Zukunft. Ist die kurze Form zu vulgär?

Ich habe vor einigen Monaten den ersten „twittersalesday“ durchgeführt. Ich glaube ich war der erste überhaupt der das gemacht hat und auch diesen Begriff gebraucht hat. Es hat sich definitiv bewährt. Natürlich verkauft man dabei nicht containerweise Wein. Aber man setzt ein Zeichen: „Seht her, ich bin im web 2.0 angekommen!“ Sollte es irgendwann einmal Twitter nicht mehr geben, wird sicherlich eine andere Form des microbloggings an dessen Stelle treten. Abgesehen davon, ist die Halbwertszeit im web auf den ersten Blick eher kurz. Was bleibt, sind die Spuren die man beispielsweise bei Googel hinterlässt. Vulgär empfinde ich diese Kurzform überhaupt nicht. Im Gegenteil. Sie ist reduziert auf das Wesentliche. Und wenn mittlerweile selbst Berühmte Schriftsteller ihre Werke in Teilen twittern, dann kann von vulgär nicht die Rede sein.

Was sind die Stärken von Twitter, wenn man den Kontakt zu Kunden halten bzw neue Kunden gewinnen will?

Twitter ist schnell. Der Kontakt ist klar definiert, es ist kurzweilig und meistens reduziert auf das Wesentliche.

Kontinuierlich einen blog interessant zu halten kostet Zeit. Wie ist der Zeitaufwand fürs Twittern?

Ich twittere in erster Linie dann, wenn ich die Zeit und vor allem die Lust dazu habe. Ich habe noch nie mit der Stoppuhr am Rechner gesessen…

Macht Twitter den traditionellen Web-Shop überflüssig?

Ich war ehrlich gesagt war noch nie ein großer Freund des „traditionellen“ Web-Shops. In der Regel waren und sind diese in der Pflege zu aufwendig und dadurch zu kostenintensiv. Im Übrigen scheuen sich doch die meisten Kunden im Web-Shop etwas zu bestellen. Anschauen ja, aber dann am Liebsten per Telefon ordern. Twitter ist hier sicherlich kein Ersatz, aber in jedem Fall eine sinnvolle Ergänzung.

Welche Themen gehören in den Blog, was kann man besser über Twitter kommunizieren?

Alles was in 140 Zeichen nicht reinpasst gehört in den blog. Im Übrigen eignet sich Twitter ganz hervorragend um auf Blogbeiträge aufmerksam zu machen. Es ergänzt sich quasi.

Es gab schon mehrere Twitter Weinverkostungen. Ist das wirklich das Gelbe vom Ei?

Das hängt in erster Linie davon ab, wer „das Gelbe vom Ei definiert“. Die Zweifler und Nörgler werden logischerweise jede Twitterverkostung in der Luft zerreisen. Wie kann man nur, wo bleibt die Weinkultur, was ist mit den sinnlichen Momenten usw usw usw. Auch hier, denke ich, ist Twitter eine Ergänzung, ein neuer Weg. Ich hatte bisher bei den gelaufenen Verkostungen viel Spaß! Wenn jemand das Ganze einmal professionalisiert, wird es sicherlich sehr spannend.

Wir sagen immer, gerade beim Weinverkaufen ist Persönlichkeit gefragt. Ist twitter das richtige Instrument? Was bekommt der Leser bei Dirk Würtz zu sehen: die wirkliche Person oder die Verkäufer-Persönlichkeit?

Selbstverständlich die wirkliche Person. Hin und wieder trifft man ja alle diese Menschen auch einmal im realen Leben. Was passiert, wenn der „Würtz 2.0“ nicht mit dem „Real-Würtz“ übereinstimmt? Dann wird künftig keiner mehr kommen und keiner mich auch nur noch ansatzweise ernst nehmen. Wie ich bereits erwähnte, ist man im web gläsern, teilweise auch nackt. Das muss jedem bewusst sein, der sich als Einzelperson auf derartiges einlässt. Bei großen Unternehmen spielt dies sicherlich keine so große Rolle.

Andere Tools bieten Ähnliches oder sogar mehr wie twitter. Wie sind die Erfahrungen mit Muss man überall präsent sein?

Das ist eine gute Frage, über die ich mir auch sehr viele Gedanken mache. Ich werde meinen Facebook account demnächst komplett auf Englisch umstellen um meine Sympathisanten in den USA zu bedienen. Sicherlich schadet es grundsätzlich nicht, viele social media Plattformen zu nützen. Das Ganze muss nur sinnvoll vernetzt sein und vom Aufwand her im Rahmen bleiben.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview wurde am 19. Mai 2009 geführt.

7 Kommentare

  1. Schönes Interview – nur eine Ungenauigkeit: Dirk Würtz ist zwar Winzer und Blogger – der Winzerblogger aber ist trotz einiger Unruhe zur Zeit immer noch der vom winzerblog.de!

    Ansonsten hat es Spaß gemacht zu lesen!

  2. @ Matthias Metze

    habe den Würtz als bloggenden Winzer gemeint, als Winzer-Blogger eben. Wie Winzer-Twitterer. Der winzerblog bleibt der winzerblog. Ist doch klar.

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