Jacques Heon und Anja Wetzl

Weniger ist mehr – low alcohol Weine im Fachhandel

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„Nicht die Kunden sind das größte Hindernis, es sind die Händler und die Einkäufer. Mancher will die Weine noch nicht einmal probieren“ sagt Jacques Héon. „in den Köpfen scheint es ein Bild zu geben, dass Wein heute zwölf, dreizehn, vierzehn Prozent Alkohol haben muss, um zu schmecken!“ Trotzdem hat er von seinen 9% Weinen von der Domaine La Colombette in diesem Sommer im deutschen Fachhandel mehr als siebzigtausend Flaschen verkauft.

Jacques Heon und Anja Wetzl

Jacques‘ Gründer Jacques‘ Héon mit der Berliner Oenologin und Weinakademie Referentin Anja Wetzl foto: mpleitgen

Heute ist weniger Alkohol innovativ

Héon, der Namengeber und einer der beiden Gründer von Jacques’ Wein-Depot, engagiert sich seit Jahren für Weine mit weniger Alkohol, weil er davon überzeugt ist, dass der Markt dafür reif ist. Héon war schon immer innovativ: in den 70er Jahren verkaufte er die ersten Bag-in-Box in Deutschland, später konzipierte er ein erfolgreiches Sortiment mit Bio-Weinen für einen der größten Bio-Supermärkte in Deutschland.

Verbraucher wollen weniger Alkohol

„Es geht um die Nachfrage – und die ist da!“ sagt er zu den low-alcohol Weinen. „Früher gab es nur den Chateauneuf du Pape, den Amarone und eine Handvoll anderer Weine mit vierzehn, fünfzehn Prozent. Heute ist 13+ zur Normalität geworden. Da können Sie gleich einen Portwein trinken…“ Wer heute im Verkauf stehe, werde oft mit der Frage nach Weinen mit weniger Alkohol konfrontiert – in den letzten Jahren habe das Bewusstsein bei den Verbrauchern deutlich zugenommen. Auch auf der Prowein sind immer mehr Produkte zu finden.

„Viele experimentieren – Freixenet Legero ist ein solcher Versuch, der aber an der Zielgruppe vorbei geht. Leichtere Weine werden nicht von jungen Leuten nachgefragt – sondern von älteren Personen ab sechzig. Mit zunehmendem Alter verträgt man einfach weniger – mit neun Prozent kann man ein Glas mehr trinken.“

Alkoholfreier Sekt als Vorreiter

Über alkoholfreien Sekt wird im Internet hauptsächlich in Frauen-Foren diskutiert – ein Hinweis auf Frauen als eine weitere starke Zielgruppe für Produkte mit weniger oder gar keinem Alkohol. Rund 15 Millionen Flaschen alkoholfreier Sekt dürften dieses Jahr verkauft werden. Unter 1,2% Alkohol entfällt die Sektsteuer, die Produkte sind daher in der Regel preiswert. „Beim Sekt zählen hauptsächlich die Bubbles und der Preis – beim Wein muss der Geschmack stimmen“ sagt Héon.

Auch low-alcohol Wein muss schmecken

Héon hat sich mit den Pionieren der Entalkoholisierung in Frankreich, Francois und Vincent Pugibet zusammengetan, die sich schon seit 2001 mit dem Thema beschäftigen. Die Methode der Pugibets: es werden zunächst „richtige Weine“ erzeugt, die alle Inhaltsstoffe enthalten. Bei den Weiss-, Rosé- und Rotweinen unter den Bezeichnungen „Plume“ (Feder) und „Pugibet“ wird dann ein Teil des Alkohols durch ein kombiniertes Verfahren von Verdampfung und Osmose entzogen, die anderen Inhaltstoffe verbleiben im Wein. Am besten funktioniert das beim weissen Chardonnay und dem Grenache-Rosé.

Ziel: Absatz verdoppeln

Im kommenden Jahr will Héon noch mehr Händler in Deutschland gewinnen und die Zahlen verdoppeln. „Wer einmal über den eigenen Schatten springt und einen Test macht , ist positiv überrascht. Die Zeit ist einfach reif…“

„Das ist jetzt definitiv mein letztes Projekt“ sagt Héon, der bis vor einem Jahr noch im Aufsichtsrat der HAWESKO AG saß und mit Erreichen der Altersgrenze ausschied. „auch meine Kollegen waren anfangs skeptisch…Zum Schluß konnte ich sie dann doch überzeugen…“ Mit dabei waren unter anderen Rindchens Weinkontor, Pro Idee Versand, Hawesko und Jacques’ Wein-Depot.

2 Kommentare

  1. „durch ein kombiniertes Verfahren von Verdampfung und Osmose entzogen,“

    Nachdem der Film vom ZDF die Infos zu Spinning Cone ins Spiel gebracht hat …

    … da frage ich mich , wann die ersten Gegner hier im Netz auf die Barrikade gehen…

    Ich sage dazu nur „Unnatürliche Manipulation“

    • Das Erstaunliche: die Händler (einige zumindest) erklären das Verfahren in ihrer Werbung oder in ihrem newsletter und die Kunden stört das keineswegs…vielleicht ist die Weinwirtschaft zum Teil wirklich „auf dem falschen Dampfer“?